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Pilnacek: "Ich stehe plötzlich auf einer Abschussliste"

Der suspendierte Justiz-Sektionschef Pilnacek (Mitte) sagt vor dem U-Ausschuss aus.
Der suspendierte Justiz-Sektionschef Pilnacek (Mitte) sagt vor dem U-Ausschuss aus.(c) APA (Helmut Fohringer)
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Im U-Ausschuss, um etwaige Korruption in den Reihen der ÖVP, wurden Oberstaatsanwalt Fuchs und der suspendierte Justiz-Sektionschef Pilnacek befragt. „Die Presse“ berichtete live.

Gibt oder gab es türkise Netzwerke im österreichischen Justizbereich? Und wenn ja, von wem und wozu wurden sie genutzt? Diese beiden Fragen standen am Dienstag ganz oben auf der Agenda im parlamentarischen U-Ausschuss zu etwaiger Korruption in den Reihen der ÖVP. Gerichtet wurden sie erst an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, danach an den derzeit suspendierten Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek. Gegen beide wurde bzw. wird ermittelt, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Ausführlich besprochen wurde dabei eine Dienstbesprechung von Vertretern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA) vom 1. April 2019. Thema das Treffens war der Umgang mit der Causa Eurofighter, die sich zu diesem Zeitpunkt schon über Jahre gezogen habe. Die Sitzung wurde (ohne das Wissen Pilnaceks, wie dieser heute sagte) per Tonband aufgezeichnet, Passagen daraus publik – etwa der Satz von Pilnacek: „Setzts euch z'samm und daschlogts es“, womit er ausdrücken wollte, dass Verfahrensteile eingestellt werden sollten. Fuchs erklärte dazu nun, er selbst habe diese Sitzung damals auf Wunsch der WKStA-Leiterin einberufen. Ziel sei es gewesen, eine „effiziente, konsequente und zielorientierte" Finalisierung der Ermittlungen sicherzustellen. Die Sitzung sei aber „aus dem Ruder" gelaufen, da man sich in Schuldzuweisungen verheddert habe.

Fuchs: „Wir waren so dicht wie ein Fischernetz“ 

Angesprochen auf einen Chat mit Pilnacek über eine etwaige „Observation" der WKStA wegen vermuteter undichter Stellen, meinte Fuchs, dass dieser von der „Verzweiflung, die damals geherrscht habe“, zeuge. Denn: Ständig seien Informationen aus Ermittlungsverfahren in den Medien aufgetaucht: „Wir waren so dicht wie ein Fischernetz", skizzierte er. Deswegen habe er ein „Monitoringsystem" etablieren wollen und sich darüber mit Pilnacek ausgetauscht; etabliert worden sei es nicht.

Apropos Pilnacek: Dieser soll nach Ansicht von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer per Chatnachricht von Fuchs („Lieber Christian, zu deiner ganz persönliche Vorausinformation: Jetzt hat der Pilz dich angezeigt.") über eine Anzeige gegen seine Person informiert worden sein. Ob das gestattet sei? Fuchs antwortete darauf, dass er durch einen entsprechenden Tweet des früheren Abgeordneten Peter Pilz auf die Anzeige aufmerksam geworden sei. Krainer glaubte ihm nicht, sondern an ein Telefonat gefolgt von Geheimnisverrat. Fuchs bestritt das.

Pilnacek: „WKStA fühlt sich als unkontrollierbare Insel“ 

Konfrontativ gestaltete sich auch die Befragung von Pilnacek. Der hochrangige Jurist kritisierte die WKStA scharf: Die Behörde „fühlt sich mittlerweile so selbstherrlich", dass sie „eine unabhängige, unkontrollierbare und unkritisierbare Insel innerhalb unseres Staatsgefüges" sein möchte, sagte er. „Personen, deren gesetzliche Aufgabe es ist, das zu kritisieren und zu verhindern, wie der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft oder ich stehen plötzlich auf einer internen Abschussliste", so der suspendierte Sektionschef.  

Zudem beanstandete Pilnacek mehrfach, dass er seit mehr als einem Jahr nicht mehr zu seinen E-Mails oder Chats dürfe, worin er nicht nur eine „unrechtmäßige Datenbeschaffung“ orte, sondern auch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechte. Und überdies sei er deswegen nicht in der Lage gewesen, sich auf die Befragung vorbereiten zu können. Um sich nicht der Gefahr der Falschaussage auszusetzen, wollte er daher keine Fragen zu Chats beantworten. Die Abgeordneten wollten das nicht hinnehmen; allen voran Krainer nicht: „Um aussagen zu können, brauche ich nur Zugang zu meinem Hirn, nicht zu Chats“, schleuderte er Pilnacek entgegen. Die Folge: (nicht nur) eine Geschäftsordnungsdebatte.

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