CD-Edition

Die Wiederkehr des philharmonischen Wohlklangs

Hans Knappertsbusch dirigiert.
Hans Knappertsbusch dirigiert.(c) Imago / WernerxNeumeister
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Auf 37 CDs in zwei Boxen wurden legendäre Aufnahmen des Wiener Publikumslieblings Hans Knappertsbusch wieder aufgelegt.

Eine Wiederauflage der Studioaufnahmen von Hans Knappertsbusch aus den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren, das ist ein Fest für Klassikfreunde, die ein bedeutendes Kapitel der Interpretationsgeschichte aus der Zeit vor der Anbetung der technischen Präzision inspizieren möchten. Dieser Dirigent hat nie in Kategorien der medialen Verwertbarkeit gedacht. Auch dann nicht, wenn er im Studio musizierte. Von Proben hielt er nicht viel, eher schon von einem Einverständnis und einer stilistischen Kompetenz, die an unzähligen gemeinsamen Aufführungen geschult waren.

Was dann in der Oper unter dem Eindruck des inspirierten Augenblicks geschah, lässt sich zumindest an den beiden Bayreuther „Parsifal“-Mitschnitten studieren, deren erster – wiewohl noch monaural – dank Sängerkalibern wie Martha Mödl oder Ludwig Weber zu den unerreichten Schallplatten-Klassikern zählt.

Auch die allererste Studioproduktion der „Meistersinger von Nürnberg“ mit den Wiener Philharmonikern darf Ewigkeitsrang beanspruchen, nicht zuletzt dank Paul Schöfflers tiefgründigem Porträt des Hans Sachs. Diese Einspielung entstand in großen Zügen, in „langen Takes“, wie sie die Tontechniker nicht mögen. Doch trotz mancher Unebenheiten: Die große Linie stimmt. Wer da nur „reinhören“ möchte, verliert sich bald in Wagners Menschheitskomödie.

Einige vokale Schwächen – etwa des ungeschlachten Stolzing, Günther Treptow – nimmt der satte, auch in dunklen Farben leuchtende philharmonische Klang gnädig in sich auf.

Sinnlichkeit darf auch rauschen

Was da zu hören ist, ist auch für die wienerische Musikgeschichte von Belang, zumal die digitale Wiederaufbereitung in den Decca-Studios diesmal wirklich vorbildlich gelungen ist: Endlich steht man dazu, dass eine historische Aufnahme ein wenig rauschen darf; dafür ist die Strahlkraft, die den Schallplattenpressungen der Decca-Aufnahmen eigen war, erhalten geblieben.

Was die Zeitgenossen an Hans Knappertsbuschs Kunst am meisten begeistert hat, die Sinnlichkeit und Lust am kräftigen Farbenspiel, ist somit für die Nachwelt nachvollziehbar geworden. Nicht nur in den atemberaubenden Auftakten von Komzáks „Badner Madeln“, sondern auch in den symphonischen Aufnahmen, allen voran in den Wiedergaben der Bruckner-Symphonien 3 bis 5, die Knappertsbusch selbstverständlich in den revidierten Fassungen der Erstausgaben spielen ließ – von denen man mittlerweile zumindest im Fall der Vierten Symphonie weiß, dass sie so weit von des Komponisten Intentionen nicht entfernt waren, wie uns akribische Neu-Editoren zuletzt glauben machen wollten.

Wer die Musik hört, wird ohnehin von der dramaturgischen Sogwirkung in Bann geschlagen, wie er sie in (vielleicht „objektiveren“) jüngeren Aufnahmen kaum noch finden kann. Wissenschaftliche Fragen bewegen ihn dann bestimmt nicht mehr . . .

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