Geldpolitik

Erste Zinserhöhung seit einem Jahrzehnt in Australien

APA/AFP/SAEED KHAN
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Leitzins steigt von 0,1 auf 0,35 Prozent. Für Premierminister Scott Morrison ist die geldpolitische Wende keine gute Nachricht - er steckt nämlich im Wahlkampf.

Die australische Zentralbank hat ihren Leitzins wegen der steigenden Inflation erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt angehoben. Sie setzte ihn am Dienstag überraschend deutlich von 0,1 auf 0,35 Prozent herauf. Die Mehrheit der von Reuters befragten Analysten hatte lediglich eine Erhöhung auf 0,25 Prozent erwartet. Die Währungshüter signalisierten zugleich ihre Bereitschaft zu weiteren Zinsschritten.

"Wir sind entschlossen, das Notwendige zu tun, um sicherzustellen, dass die Inflation in Australien im Laufe der Zeit auf das Zielniveau zurückkehrt", sagte Notenbankchef Philip Lowe. "Dies wird eine weitere Anhebung der Zinssätze in der kommenden Zeit erfordern." Die Inflationsrate erreichte im ersten Quartal mit 5,1 Prozent den höchsten Stand seit 20 Jahren. Vor allem Benzin, Wohnraum, Lebensmittel und Bildung wurden teurer.

An den Märkten wird erwartet, dass der Leitzins bereits im Juni auf 0,75 Prozent steigen und Ende des Jahres bei etwa 2,5 Prozent liegen wird. Bis Mitte 2023 dürfte er sogar auf 3,5 Prozent klettern. Das wäre der aggressivste Straffungszyklus der Notenbank in der jüngeren Geschichte. Höhere Zinsen wiederum könnte angesichts einer Rekordverschuldung der privaten Haushalte die Kaufkraft der Verbraucher belasten.

Für Premierminister Scott Morrison ist die geldpolitische Wende daher keine gute Nachricht. Er führt einen harten Wahlkampf, der ihn laut Meinungsumfragen am 21. Mai aus dem Amt drängen könnte. Die Zinserhöhung bedeutet, dass Millionen von Australiern zum ersten Mal seit 2010 mehr Geld für ihre Hypotheken aufbringen müssen. Billige Kredite haben im vergangenen Jahr einen Immobilienboom angeheizt. "Die Situation, mit der Australien konfrontiert ist, ist eine Situation, mit der die ganze Welt konfrontiert ist", sagte Morrison mit Blick auf die weltweit steigenden Preise. "Ich denke, die Australier verstehen das."

Da die Inflation doppelt so schnell steigt wie die Löhne, sind die Realeinkommen im roten Bereich. Das wiederum setzt Morrisons liberal-nationale Koalition unter Druck, die im Parlament eine Mehrheit von einem Sitz hat. Die Mitte-Links-Partei liegt in Umfragen derzeit vorne. Die Zentralbank hatte zuletzt 2007 während eines Wahlkampfs die Zinsen erhöht - Premierminister John Howard verlor danach die Wahl.

(APA/Reuters)

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