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Wifo-Chef: Ölembargo kaum Wachstumsbremse oder Inflationsanheizer

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Die Auswirkungen eines Ölembargos wären laut Wifo weit geringer als jene eines Gas-Importstopps.

Das von der EU im Rahmen des sechsten Sanktionspakets geplante umfassende Einfuhr-Embargo für russisches Öl wird die heimische Wirtschaft nur marginal bremsen und die Inflation wohl nur um einen halben Prozentpunkt anheizen. Das gab Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal" zu verstehen. Natürlich bedeute jede Einschränkung der Ölimporte aus Russland weiter Druck am Ölmarkt. Der werde am Treibstoffmarkt weitergegeben, "aber nicht eins zu eins".

Man gehe davon aus, dass das Ölembargo das Wachstum um 0,3 Prozentpunkte dämpfen werde, andererseits sei das heimische Wirtschaftswachstum im ersten Quartal besser gewesen als bis vor kurzem gedacht. Daher sei nicht klar, wie die Revision der Prognose ausgehe, die Ende März für heuer von einem BIP-Anstieg von 3,9 Prozent ausgegangen ist. "Das Embargo wird die Konjunktur leicht dämpfen", so der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) im ORF-Radio.

Die Inflation werde durch das Ölembargo "um einen halben Prozentpunkt, vielleicht einen dreiviertel Prozentpunkt" steigen. An sich bereite sich der Markt jedoch bereits seit Monaten auf ein mögliches Embargo vor. Im Wifo rechne man mit einem Anstieg der Teuerung, aber nicht enorm, sondern vielleicht von einem halben Prozentpunkt oder etwas mehr. Österreich importiere über den Umweg Deutschland relativ viel Diesel, andere Länder wie Irland oder Portugal seien da weniger betroffen, so der Experte.

„Russland würde unter Embargo leiden"

Russland habe kurz- oder mittelfristig nicht die Möglichkeit, Erdöl beliebig woanders hin zu verkaufen. Das Land werde natürlich seine Ölwirtschaft umbauen, auch Richtung Asien - aber "Russland würde leiden unter einem solchen Embargo", zeigte sich der Wifo-Chef überzeugt.

Zur reservierten Haltung von Ungarn und der Slowakei zum Ölembargo gegen Russland meinte Felbermayr, diese beiden Länder seien keine großen Ölverbraucher. Ja, es brauche Solidarität innerhalb Europas. Aber für kleine, sehr abhängige Staaten könne es durchaus Probleme geben, falls aus Mangel an Diesel Lkw nicht mehr fahren können. Es sei daher gut, einzelnen Staaten mehr Spielraum zu geben.

Die Geschäftsführerin des Mineralöl-Fachverbands in der Wirtschaftskammer, Hedwig Doloszeski, warnte im Radio vor der Möglichkeit, dass Russland als Reaktion versuchen könnte, Ölimporte aus Kasachstan nach Österreich über russisches Gebiet zu unterbrechen. Österreich habe im Vorjahr fast 40 Prozent des Öls aus Kasachstan bezogen, das komme aber über eine via Südrussland verlaufende Pipeline, und das Öl werde über einen russischen Hafen verladen. Die einzige Raffinerie in Österreich, die OMV-Anlage in Wien-Schwechat, habe im Vorjahr nur knapp 8 Prozent russisches Öl eingesetzt, seit Kriegsbeginn werde dorthin aber kein russisches Öl mehr importiert, so Doloszeski. Dass das Ölembargo die Inflation bei uns weiter antreiben wird, glaubt auch sie: ja, es werde Preissteigerungen auch an den Zapfsäulen geben.

(APA)

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