Proteste vor dem Supreme Court
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Mitreden: Die polarisierende Debatte um Abtreibungsgesetze

In den USA steht das Thema Schwangerschaftsabbruch wieder ganz oben auf der Agenda, die Positionen gehen dort wie weltweit weit auseinander. Gibt es die Chance auf einen Kompromiss? Diskutieren Sie mit!

Im Juni soll der Supreme Court über das landesweite Recht auf Abtreibung in den USA entscheiden. Doch schon jetzt sorgt ein Urteilsentwurf, der an die Medien gelangte, für eine heftige Debatte.  Grundsätzlich gilt seit 1973, dass Abtreibungen erlaubt sein müssen, solange der Fötus außerhalb des Mutterleibs nicht überlebensfähig ist. Doch nun könnte die Gesetzgebung den US-Bundesstaaten überlassen werden. Barbara Schechtner berichtet.

Nicht nur in den USA, auch in der EU zeigen die aktuellen Nachrichten, wie viel Konfliktpotenzial die Debatte um Schwangerschaftsabbruch hat. Anfang des Jahres forderten etwa EU-Abgeordnete mehrerer Fraktionen, dass das Recht auf Abtreibung Eingang in die Europäische Grundrechtecharta findet

Das kann man als Kampfansage an EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola verstehen, die aus Malta stammt, wo es ein striktes Abtreibungsverbot gibt. Auch Polen ist immer wieder in der Kritik. Das Land hatte seine Abtreibungsgesetze 2020 verschärft. Der Tod einer Schwangeren führte dort im Vorjahr zu Protesten.

„Es ist gut, dass die EU hart eingreift, wenn es um Menschenrechte geht“, schrieb Kolumnistin Anna Goldenberg damals. Das Beispiel Polen zeige, „mit welch atemberaubender Geschwindigkeit eine nationalkonservative Regierung die Rechte von Frauen und Minderheiten beschneiden kann – und der gesamten Gesellschaft schaden."

Karl-Peter Schwarz warnte dagegen in der Kolumne „Quergeschrieben“ vor einer „Wertediktatur“ in der EU: „Was ist von einem EU-Parlament zu halten, das Abtreibung zum 'Menschenrecht' erklärt und Gewissensgründe nicht mehr anerkennen will?“, fragt er. Es drohe ein neues Zeitalter von Religionskriegen.

Wie groß und weltumspannend das Thema ist, zeigen auch aktuelle Zahlen der UNO zeigen: Fast jede zweite Schwangerschaft weltweit ist unbeabsichtigt. Ursachen sind unter anderem sexuelle Gewalt und mangelnder Zugang zu Verhütungsmitteln. In mehr als 60 Prozent der Fälle wird abgetrieben.

Und wie sieht die rechtliche Lage in Österreich aus? 1973 wurde die Fristenregelung mit einer knappen Mehrheit beschlossen. Der Schwangerschaftsabbruch ist seitdem nicht strafbar, wenn er innerhalb der ersten drei Monate und nach einer ärztlichen Beratung vorgenommen wird. In Ausnahmefällen, etwa bei Fehlbildungen, kann die Abreibung auch später erfolgen. Debatten um das Gesetz gibt es auch fast 50 Jahre später.

Während die einen weitere Erleichterungen für ungewollt Schwangere fordern, pochen andere auf strengere Regeln, um Abtreibungen möglichst zu verhindern.

Aber ist das so überhaupt möglich? Nein, meint Duygu Özkan in einem Leitartikel. Mit Blick auf die USA schreibt sie: „Die Kriminalisierung von Abtreibungen bedeutet nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche plötzlich aufhören werden. Vielmehr werden sie in jeder Hinsicht gefährlicher.“ Sie fürchtet Zustände wie vor den 1970ern: „Womöglich werden wieder mehr Betroffene keinen anderen Ausweg sehen, als Schwangerschaftsabbrüche selbst vorzunehmen."

(sk)

Diskutieren Sie mit: Schwangerschaftsabbrüche finden auf der ganzen Welt statt - legal und illegal. Wie sollen Gesetzgeber handeln? Wie lässt sich die Zahl ungewollter Schwangerschaften reduzieren? Und: Wie stehen Sie zu einem Menschenrecht auf Schwangerschaftsabbruch?

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