Die Feuerprobe für Europas Zusammenhalt

Es ist davon auszugehen, dass Wladimir Putin nun jene EU-Mitglieder ins Visier nehmen wird, die besonders stark von Russland abhängig sind.

Noch ist die Sache nicht in trockenen Tüchern. Mit Ursula von der Leyens Ankündigung eines Ölembargos wurde ein Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende in der Tat ein Ausstieg aus russischem Öl stehen könnte – sofern alle Mitgliedstaaten der EU dazu bereit sind. Doch ungeachtet der möglichen Komplikationen markiert die jüngste Sanktionsrunde eine Zäsur, weil sie zum ersten Mal darauf abzielt, existenziellen Druck auf Russland auszuüben. Wenn Moskau nicht mehr imstande ist, sein wichtigstes Exportgut im Ausland zu verkaufen, dann wird der Fortbestand des russischen Staats in seiner jetzigen Form – samt Gesundheitswesen, Müllabfuhr et cetera – infrage gestellt. Angesichts der Tatsache, dass das mit 140 Millionen Einwohnern und gigantischen Rohstoffvorkommen gesegnete Land lediglich eine Wirtschaftsleistung zustande bringt, die zwischen jener Spaniens und Italiens liegt, kann man sich ausmalen, wohin die Reise gehen wird, wenn die wichtigsten Käufer der besagten Rohstoffe ein Kartell bilden und in Streik treten – in Richtung Dritte Welt.

Deswegen sollten wir uns trotz allen Lobs für die Handlungsfähigkeit der Europäer angesichts der größten Bedrohung seit 1945 keine Illusionen machen: Was die Chefin der Brüsseler Behörde am Mittwoch vorgeschlagen hat, ist in dreierlei Hinsicht gefährlich. Erstens, weil das avisierte Embargo eine Belastungsprobe für den Zusammenhalt der EU ist; zweitens, weil es Russlands Machthaber, Wladimir Putin, ins Eck treibt; und drittens, weil es einer Notoperation am offenen Herzen der europäischen Wirtschaft gleicht.

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