Brüssel-Briefing

Umweltschutz, das nächste Opfer von Putins Krieg

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(Symbolbild)APA/AFP/ARMEND NIMANI
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Im Windschatten der globalen Energiepreisanstiege und des russischen Vernichtungskrieges gegen die Ukraine steigt der Druck auf die EU-Kommission, ökologische Gesetzesvorhaben auf die lange Bank zu schieben.

Unternehmensvertreter gegen Umweltpolitiker: dieses Match wird nicht nur in Österreich im Format „Wirtschaftskammerpräsident Mahrer vs. Umweltministerin Gewessler" mit zusehender Härte gespielt, sondern auch auf europäischer Ebene. Das konnte man am Mittwoch im Straßburger Plenarsaal des Europaparlaments gut beobachten. Denn mehrere Politiker der Mitte-Rechts-Fraktionen nahmen die Ukraine-Debatte mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Anlass, gegen die umweltpolitischen Vorhaben ihrer Behörde zu rittern. „Wir verlangen unseren Industrien eine Menge ab“, sagte beispielsweise die niederländische Christdemokratin Esther de Lange. „Wir werden möglicherweise über ein gesetzgeberisches Embargo nachdenken müssen, um sie nicht zu überfordern.“ De Lange nannte die für heuer geplante Reform der Chemikalien-Verordnung „Reach“ als Beispiel für so ein Moratorium. Ins selbe Horn stieß der italienische Konservative und frühere Berlusconi-Minister Raffaele Fitto: „Wir müssen einige der politischen Ziele der Kommission neu bewerten“, forderte er und warf der Brüsseler Behörde „exzessive Ziele“ vor. Allen voran das Kernstück der Klimaschutzpolitik der EU, das Gesetzespaket mit dem Namen „Fit for 55“, welches die Union zur Erreichung des Zieles, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu senken, sei im Lichte des Krieges in der Ukraine, der Energie- und Rohstoffkrise und der drohenden Rezession fragwürdig.

Schon seit einiger Zeit massiert sich der Widerstand der Industrievertreter gegen die umweltpolitischen Vorhaben der Kommission (die übrigens vielfach die klare Unterstützung der nationalen Regierungen haben, also nicht bloß Hirngespinste abgehobener Brüsseler Tintenritter sind). Sie bekommen dabei nun immer lauter werdende Unterstützung aus dem politischen Spektrum rechts der Mitte. In Frankreich zum Beispiel ist die Agroindustrie der Farm-to-Fork-Strategie der Kommission von Anfang an höchst feindselig gesinnt. Deren Ziel, den Einsatz von Pestiziden und synthetischem Dünger binnen zehn Jahren stark zu reduzieren, um den ökologischen Druck auf Boden, Gewässer und Artenvielfalt zu verringern, werde Europas Landwirte in die Armut treiben und die Union noch stärker von Lebensmittelimporten aus Übersee machen, lautet ihr Vorwurf. Genau diesen konnte man am Mittwoch in Straßburg aus dem Mund des Abgeordneten Jordan Bardella hören, dem Statthalter der neulich zum dritten Mal gescheiterten rechtsextremen französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen.

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