Kein Recht auf Abtreibung

Tabuthema Schwangerschaftsabbruch - die Situation in Österreich

In den USA wackelt das Recht auf Abtreibung. Und hier?
In den USA wackelt das Recht auf Abtreibung. Und hier?(c) Getty Images (Anna Moneymaker)
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Das Abtreibungsrecht in den USA steht kurz davor, gekippt zu werden. In Österreich sind Schwangerschaftsabbrüche rechtlich möglich, aber unter welchen Bedingungen? Ein Überblick.

Schon im Juni könnte der Supreme Court in den USA das bisher geltende Gesetz, das auf dem Urteil Roe v. Wade fußt, kippen: Bis dato sind Schwangerschaftsabbrüche erlaubt, solange der Fötus außerhalb des Mutterleibs nicht überlebensfähig ist. Also etwa bis zur 23. Schwangerschaftswoche. Immer mehr Bundesstaaten machen sich bereits im Alleingang an die Verschärfung des Gesetzes, in Mississippi will man sogar ein Abtreibungsverbot in die Wege leiten. Auch das wird aktuell vom Supreme Court geprüft. Die Situation in Österreich ist seit 1975 durch das Strafgesetzbuch gesetzlich geregelt. Ein Schwangerschaftsabbruch ist innerhalb der ersten drei Monate möglich, ergo bis einschließlich der 15. Schwangerschaftswoche.

Es gilt die sogenannte Fristenlösung, von einem tatsächlichen Recht auf Abtreibung kann dabei nicht die Rede sein. Der Paragraf 97 Strafgesetzbuch stellt lediglich die „Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs“ sicher. Gynäkologinnen und Gynäkologen sind somit nicht verpflichtet, die medizinische Leistung durchzuführen. Die Möglichkeit dazu haben sie gar erst seit Juli 2020, zuvor war es lediglich Spitälern und Ambulatorien erlaubt, Präparate zum medikamentösen Abbruch zu verschreiben. Durchgeführt werden kann ein medikamentöser Abbruch bis inklusive der neunten Schwangerschaftswoche, danach ist ein chirurgischer Eingriff nötig.

Wo und wie viel?

Was heißt das nun konkret? Eine ungewollt schwangere Frau kann straffrei einen Abbruch durchführen lassen. Vorgeschriebene Wartezeit, Beratungen oder inhaltliche Vorgaben gibt es keine. Auch Gründe für den Abbruch braucht es nicht. Die Kosten für einen Abbruch werden in Österreich, im Gegensatz zu allen anderen westeuropäischen Ländern, nicht von der Krankenkasse übernommen. Sie belaufen sich auf etwa 330 bis 1000 Euro.

Was den Zugang zur medizinischen Leistung betrifft, so liegt in Österreich ein Ost-West-Gefälle vor - mit Ausnahme des Burgenlands, dort gibt es keine Anlaufstellen für Schwangerschaftsabbrüche. In Wien ist die Versorgung freilich recht gut, in Vorarlberg und Tirol gibt es jeweils nur eine Adresse für Schwangerschaftsabbrüche. In Kärnten und der Steiermark sind es jeweils vier, in Niederösterreich drei, Salzburg und Oberösterreich je zwei. Die medizinische Einrichtung kann unabhängig von dem eigenen Wohnort gewählt werden. Österreichweit gibt es auch zahlreiche Anlaufstellen für betroffene Frauen, mit der größten Dichte in Wien. Nachzulesen sind diese auf der Webseite der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung.

Im eigenen Körper

Ob ein medikamentöser oder operativer Abbruch durchgeführt wird, entscheidet die Frau selbst. Grundsätzlich ist die medikamentöse Methode - auch Abtreibungspille genannt - bis einschließlich der neunten Schwangerschaftswoche möglich, danach muss ein operativer Eingriff erfolgen. Das Medikament kann ab Feststellung der Schwangerschaft verabreicht werden, also sobald etwa ein positiver Schwangerschaftstest vorliegt. Eingeteilt wird die medikamentöse Behandlung in zwei Phasen. „Das erste Medikament wirkt anti-hormonell, schwangerschaftserhaltende Hormoneffekte bleiben dadurch aus“, erklärt Elke Graf, Geschäftsführerin des pro:woman Ambulatoriums für Sexualmedizin und Schwangerenhilfe gegenüber der „Presse“. Ein zweites Medikament, einzunehmen ein bis zwei Tage nach der ersten Dosis, fördert dann das Zusammenziehen der Gebärmutter und löst Blutungen aus. Die Wirksamkeit liege hier bei 98 Prozent, nur in seltenen Fällen müsse ein operativer Eingriff folgen.

Ein chirurgischer Abbruch kann ab der fünften Schwangerschaftswoche erfolgen, dieser erfolgt unter örtlicher Betäubung, Vollnarkose oder mit Sedierung. Mittels schmalem Röhrchen, das in die Gebärmutter eingeführt wird, wird hierbei das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Dies dauert nur einige wenige Minuten. Für einen Termin reicht ein Anruf, ein Beratungsgespräch würde nur etwa eine von hundert Frauen in Anspruch nehmen, so Graf. „99 von hundert Frauen haben zum Zeitpunkt des Anrufs bereits eine Entscheidung gefällt, die wollen dann nur noch zusätzliche Informationen.“ Im Ambulatorium pro:woman gibt es auf Wunsch auch psychosoziale Begleitung vor Ort, diese werde aber nur sehr selten in Anspruch genommen, sagt Graf. Zusätzliche Kosten würden dabei nicht anfallen.

Zahlen gibt es nicht

Wie viele Schwangerschaften in Österreich pro Jahr frühzeitig beendet werden, weiß man nicht. Schätzungen gehen von 30.000 bis 40.000 Abbrüchen jährlich aus, offizielle Statistiken gibt es keine. „Krankenkassen haben hierzu keine Daten, da die Kosten eben nicht übernommen werden“, so Graf. Die Beendigung einer Schwangerschaft ist also immer noch eine Kostenfrage. „Wir fordern schon lange die Kostenübernahme der Abbrüche durch die Krankenkasse.“ Der Zugang müsse niederschwelliger werden.

Außerdem müssten Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetzbuch, so Graf. „Keine medizinische Behandlung ist per Strafgesetz geregelt, auch ein Schwangerschaftsabbruch sollte als einfache medizinische Behandlung gelten.“ 

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