Morgenglosse

Die Nona-Matura, ein Problem für viele Jahre

(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken
  • Kommentieren

Welches Thema gestern zur Deutschmatura kam? Viele fragen wohl eher, welche Textsorte gefordert war. Das macht etwas mit den Schülern.

Das Frühjahr, lyrisch betrachtet. Die viel zitierte Generation Smartphone. Und die Zukunft der Demokratie. 46.000 Maturanten und Maturantinnen mussten sich zwischen diesen drei großen Themenblöcken entscheiden, und man kann annehmen, dass sich die allermeisten Prüflinge für die Nutzung des Handys entschieden haben. (In der Realität musste das natürlich ausgeschaltet bleiben.) Es gab sicher schon schlechter gelungene Aufgabenstellungen bei der Reifeprüfung. Doch auch heuer zeigt sich wieder einmal, wie eng das Korsett ist, in das die Texte passen müssen.

Das Smartphone-Thema beinhaltete übrigens eine Textanalyse (540 – 660 Wörter). Und einen Kommentar (270 – 330 Wörter). Wer sich aber der Lyrik widmete, musste nicht nur eine Interpretation zweier Gedichte verfassen (540–660 Wörter), sondern auch einen Kommentar zu „Erlebnis Kino“, der – wie die Interpretation – einige klare Vorschriften bereithält. Zum Ende soll man dabei etwa „Vorschläge für ein zeitgemäßes Kinoerlebnis“ machen. Und nein, das bezieht sich nicht auf die Frage, wie man trotz Maske Popcorn in den Mund bekommt.  

Es ist gleichzeitig eine Über- und eine Unterforderung: Wer die Sache ernst nimmt, wird sich mit mancher Aufgabestellung wohl plagen. Die Frage ist freilich, wie sehr die Prüflinge das tun – und ob sie in den Jahren vor der Matura nicht vielmehr gelernt haben, dass es ein Schema F gibt, das bei jeder einzelnen Textsorte angewendet werden kann. Keine große Geistesleistung, aber die ist ja auch nicht das Thema. Sondern die Erfüllung aller einzelner Punkte, die dabei gefordert werden. Und dabei nur ja nicht kreativ zu werden. Ein solider Nona-Text also.

Das Problem an der Zentralmatura in Deutsch ist aber nicht die Prüfung selbst, es gab immer bessere und schlechtere Aufgaben. Das Problem ist das Hinarbeiten auf die Matura, die sieben Textsorten, für die sehr konkrete Strukturen vorgegeben sind: Vom Aufbau bis zum Vokabular. Das Training künstlicher Formen frisst so viele Stunden, dass den Lehrerinnen und Lehrern für vieles keine Zeit bleibt. Für Schönheit und Witz der Sprache, für Literatur, für das Herausarbeiten eigener, originärer Gedanken. Die Frage nach der Matura lautet heute wahrscheinlich gar nicht mehr, für welches Thema man sich entschieden hat. Sondern für welche Textsorte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.