Mein Freitag

Erdäpfel hetzt man auch nicht bei Liebe in der Luft

dpa
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Dass der Schulweg nicht kürzer wird, wenn man ihn täglich geht, weiß jeder Schüler und versucht dennoch immer wieder aufs Neue, die Uhr zu schlagen.

„You can't hurry love“, geht mir durch den Kopf, als ich in das brodelnde Wasser starre, was zur Warterei, dass die Erdäpfel endlich durch sind, nun auch noch einen quälenden Ohrwurm hinzufügt. Phil Collins mag sicher Qualitäten haben, aber warum musste er bloß die Liebe besingen, die in der Luft liegt und die man nicht hetzen darf?

„You can't hurry potatoes“ trifft auf jeden Fall zu, sie lassen sich nicht antreiben. Nervenaufreibend sind sich wiederholende Vorgänge, die stets exakt gleich lang brauchen, etwa das Heben und Senken von elektrischen Jalousien, die Liftfahrt über etliche Stockwerke oder die Rotphasen auf der Brünner Straße.

„No, you just have to wait“, singt Freund Phil, und so übt man sich im meditativen Fingertrommeln. Was wir tun, wenn der Aufzug nicht kommt, haben Katja Berlin und Peter Grünlich in dem gleichnamigen Buch (Heyne) gefragt und dazu Tortengrafiken angefertigt. Geduldig warten, die Treppe nehmen oder wild auf dem Knopf herumdrücken? Ebenso entlarvend ist die Frage, was man macht, wenn ein Kugelschreiber nicht mehr schreibt: die Mine austauschen, den Kugelschreiber wegschmeißen oder den Kuli wieder zurücklegen und einen neuen ausprobieren? Sie kennen die Antwort.

Nun, da wir uns wieder in richtigen Besprechungen treffen, geht es auch wieder los mit den Verspätungen. Der Weg über den langen Gang ist gleich geblieben, die eigene Unzulänglichkeit, rechtzeitig loszugehen, ebenso. Dass der Schulweg nicht kürzer wird, wenn man ihn täglich geht, weiß jeder Schüler und versucht dennoch immer wieder aufs Neue, die Uhr zu schlagen.

Dass sich manches niemals ändert, bringt einen beim Besuch von Covent Garden in London zum Lächeln. Sehr viele Jahre sind seit dem letzten Besuch vergangen, aber es werden immer noch dieselben Musicals gespielt. „Grease“. „Mamma Mia“. „Das Phantom der Oper“. Das Musical, ein Atombunker für die Schätze des ausgehenden letzten Jahrhunderts.

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