Pflege

Hilfswerk fordert 950 Millionen Euro für pflegende Angehörige

Clemens Fabry
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Präsident Othmar Karas ortet bei der Pflegereform ein „eklatantes Politikversagen“. Er fordert neben einer Ausbildungsoffensive auch eine Stärkung der Pflege zu Hause.

Das Hilfswerk hat am Freitag seine Kritik an der seit Jahren angekündigten, aber immer noch fehlenden Pflegereform bekräftigt. Präsident Othmar Karas ortete in einer Pressekonferenz ein "eklatantes Politikversagen". Er schlägt damit in dieselbe Kerbe wie Caritas, Volkshilfe und die Gewerkschaft Vida. Neben einer Personaloffensive zur Schließung der Lücke von rund 100.000 fehlenden Beschäftigten forderte Karas eine Stärkung der pflegenden Angehörigen, für die knapp eine Milliarde Euro nötig wäre.

Zur Ankündigung von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), bis zum Sommer einen Plan vorzulegen, forderte Karas "Schluss mit den Ankündigungen und Überschriften: Handelt endlich". Er verlangte "einen Kurswechsel von der Ankündigung zur Tat".

Pflegende Angehörige sind „blinder Fleck"

Konkret fordert Karas ein Gesamtkonzept, das von Wertschätzung gegenüber Pflegenden und Respekt für Hilfsbedürftige getragen sein müsse. Die Menschen müssten im ganzen Land gleich behandelt werden. Österreich sei zu klein, dass der Wohnsitz darüber entscheide, wer wie betreut wird und wieviel Geld bekomme.

Ein Kernstück müsse eine Personaloffensive sein, um die Lücke von rund 100.000 fehlenden Beschäftigten in den nächsten Jahren zu schließen. Und besonderes Augenmerk will das Hilfswerk auf die Pflege zu Hause und die pflegenden Angehörigen legen. Diese seien für die Politik bisher "ein blinder Fleck". Dabei würde jede Hilfe für sie die Kosten im Pflegebereich dämpfen, weil die Menschen dann nicht so schnell in die Pflegeheime kämen.

Eine Million pflegende Angehörige in Österreich

Nach Berechnungen des Hilfswerks wäre für die Stärkung der Pflege zu Hause knapp eine Milliarde Euro nötig. Rund eine Million Menschen in Österreich sind pflegende Angehörige. Die Hälfte von ihnen ist über 60 Jahre alt, ein Viertel über 70. Mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen wird vom (Ehe)-Partner oder der Partnerin betreut. 30 Prozent geben an, dass ihre psychische oder physische Gesundheit wegen der Betreuungsaufgabe leidet.

Konkret listet das Konzept des Hilfswerks 172 Millionen Euro für den Ausbau der mobilen Dienste auf. Im Zusammenhang mit dem im Regierungsprogramm vorgeschlagenen "pflegefreien Tag" pro Monat werden für den Ausbau der mehrstündigen Tagesbetreuung 421 Millionen Euro veranschlagt. Dabei werden zehn Millionen Einsatzstunden pro Jahr angenommen. Weitere 20 Millionen sind für den Ausbau der psychosozialen Unterstützung vorgesehen.

Adäquate Einstufung für Pflegegeld

63 Millionen Euro enthält das Konzept, um die Eigenbeiträge für die mobilen Dienste gerechter auszugestalten. Da für das Pflegegeld viele Personen zu niedrig eingestuft sind, rechnet das Hilfswerk für eine adäquate Einstufung mit weiteren 50 Millionen Euro.

Bei der 24-Stundenbetreuung werden für eine Anpassung der Beträge, die seit 2007 nicht mehr angehoben wurden, an die Inflation sowie für eine Weiterentwicklung des Fördermodells insgesamt 220 Millionen Euro angenommen. In Summe macht das 946 Millionen Euro.

(APA)

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