Sanktionen

Zähe Verhandlungen über EU-Öl-Embargo in Brüssel

APA/AFP/JOE KLAMAR
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"Es ist nicht einfach, Einigkeit herzustellen", räumte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein. Im Gegensatz zu mehreren anderen EU-Staaten will Österreich offenbar keine Änderungen am EU-Entwurf für ein Embargo russischen Öls vornehmen.

Die Verhandlungen der EU-Staaten über das geplante Öl-Embargo gegen Russland gestalten sich zäh: Die ständigen Vertreter der 27 Mitgliedsländer berieten am Freitag in Brüssel über einen veränderten Sanktionsvorschlag, wie Diplomaten mitteilten. Er würde Ungarn und der Slowakei eine Übergangsfrist bis Ende 2024 einräumen, um vollständig auf russisches Öl zu verzichten. Tschechien könnte demnach bis Juni 2024 Zeit bekommen, um den Lieferstopp vollständig umzusetzen.

Für den Fall, dass eine alternative Pipeline davor fertiggestellt wird, könnte das Embargo für Prag früher gelten. Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala sprach von einem Schritt in die richtige Richtung.

Orban: Öl-Embargo für ungarische Wirtschaft "Atombombe"

Diplomaten zufolge bezeichnete Ungarn diesen Kompromissvorschlag allerdings als unzureichend. "Das Problem mit den Sanktionen ist, dass sie von den Hauptstädten gebilligt werden müssen", sagte ein Diplomat.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte ein Öl-Embargo zuvor als "rote Linie" und als "Atombombe" für die ungarische Wirtschaft bezeichnet. In einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe er den Embargo-Vorschlag umgehend abgelehnt. Alle Sanktionsbeschlüsse erfordern Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten.

Österreich offenbar keine Änderungswünsche

Österreich zeige Verständnis für die Änderungsvorschläge, es müsse die Situation der meistbetroffenen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden, hieß es aus EU-Ratskreisen am Freitag. Auch Berlin zeigte sich offen. Eine Regierungssprecherin sagte, Kanzler Olaf Scholz habe betont, dass jede Art von Embargo Russland stärker treffen solle als Deutschland oder EU-Partner. In diesem Lichte seien Beratungen über "mögliche Ausnahmen oder Verlängerungen" zu sehen.

"Es ist nicht einfach, Einigkeit herzustellen", räumte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer Videoansprache auf einem Kongress der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein. Sie hatte für Ungarn und die Slowakei eine Ausnahmefrist von dem Öl-Embargo bis Ende des kommenden Jahres vorgeschlagen, da beide Länder besonders stark von russischen Öllieferungen abhängig sind.

Ausnahmen für Slowakei und Ungarn

Die Kommission hatte den Mitgliedstaaten in dieser Woche ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland vorgelegt. Darin war ursprünglich vorgesehen, dass die Slowakei und Ungarn noch bis Ende 2023 russisches Öl kaufen dürfen. Alle anderen Länder sollten die Öllieferungen in sechs Monaten stoppen und den Bezug von Ölprodukten wie Diesel und Kerosin in acht Monaten. Die geplanten Strafmaßnahmen sollen Russland weiter unter Druck setzen. Moskau verdient mit Ölverkäufen an die EU-Staaten Schätzungen zufolge täglich Hunderte Millionen Euro.

Ungarn, Tschechien und die Slowakei sind stark von russischem Öl abhängig, das komplett über die Pipeline "Druschba" (Freundschaft) geliefert wird. Tschechien deckte 2021 nach Angaben der nationalen Statistikbehörde rund die Hälfte seines Ölverbrauchs aus russischen Quellen. In Ungarn kommen der Regierung zufolge 65 Prozent aus Russland. Für die Slowakei ist Russland nach Angaben der nationalen Betreibergesellschaft Transpetrol die einzige Ölquelle. Der EU-Kommission zufolge machen die Lieferungen an diese Staaten allerdings nur einen sehr kleinen Anteil der gesamten EU-Importe russischen Öls aus.

Ein Diplomat äußerte sich zuversichtlich, dass bis Sonntag eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne, um ein Zeichen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu setzen. Am Montag feiert Russland den "Tag des Sieges" über Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg. Vermutet wird, dass Putin die traditionelle Militärparade dieses Jahr als Machtdemonstration im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg nutzen will.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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