Bioinformatik

Zwischen Life Sciences und IT

Bioinformatiker benötigen sowohl fundierte Programmierkenntnisse als auch ein Verständnis für den naturwissenschaftlichen Hintergrund der Analysen.
Bioinformatiker benötigen sowohl fundierte Programmierkenntnisse als auch ein Verständnis für den naturwissenschaftlichen Hintergrund der Analysen.[ FH Campus Wien ]
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Um Medizin und Genetik zu unterstützen, müssen Informatiker nicht nur Software entwickeln, sondern die Ergebnisse auch interpretieren und visualisieren können.

Warum erkranken manche Personen nicht an Corona? Wie unterscheiden sich die Genome Krebskranker von jenen gesunder Menschen? Und welche Funktionen haben bestimmte Gene? Um Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu finden, müssen riesige Datenmengen ausgewertet werden. Allein das Genom eines Menschen besteht aus rund drei Milliarden Buchstaben – ausgedruckt ein Stapel von 110 Metern Höhe. Hier treten Bioinformatiker auf den Plan: Sie sind interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen Life Sciences (Biologie, Chemie und Pharmazie) und Informatik tätig. „Bioinformatiker entwickeln die Software, mit der man beispielsweise in den Datenmengen nach einzelnen Buchstaben, Veränderungen und Mustern suchen kann, um etwa Krankheiten zu diagnostizieren“, erklärt Stephan Winkler, Leiter des Bachelor-Studiengangs Medizin- und Bioinformatik an der FH OÖ Campus Hagenberg. Auf dem Programm des Studiengangs stehen (Molekular-)Biologie, (Bio-)Chemie sowie Genetik und Biolabortechniken genauso wie Praktische Informatik, Data Engineering und Data Science.

Neue Medikamente, bessere Therapien

Doch es gibt noch mehr Einsatzbereiche: „Bioinformatik ist ein weites Feld, es reicht von der Softwareentwicklung über die Datenanalyse bis zur Datenvisualisierung“, sagt Alexandra Graf vom Fachbereich Bioinformatik an der FH Campus Wien. Der Fokus des dort angesiedelten Masterstudiengangs Bioinformatik liegt auf Molekularbiologie und ist auf die Anforderungen der pharmazeutischen Produktion zugeschnitten. „Es geht vor allem darum, auf Basis der Analyse menschlicher Gene neue Medikamente zu entwickeln. Dafür wird in großen Wirkstoff-Datenbanken nach geeigneten Kandidaten gesucht“, beschreibt Graf. Verfahren der Bioinformatik würden es weiters ermöglichen, Therapien zu optimieren und durch den Vergleich ganzer Genome zu individualisieren.

„Bioinformatik ist ein Schritt, um Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln“, sagt auch Milica Krunic, Leiterin des Studiengangs Bio Data Sciences am Biotech-Campus Tulln der FH Wiener Neustadt. Ziel dieses Masterstudiengangs sei es, die Studierenden zu befähigen, biologische Daten mit modernsten Methoden im Labor zu generieren, gute Datenqualität sicherzustellen, eine vollständige Datenanalyse durchzuführen und Resultate zu interpretieren. Übrigens: Auch an der Universität Wien gibt es einen Masterstudiengang Bioinformatik.
Voraussetzung für den Masterstudiengang Bio Data Science ist ein abgeschlossenes Bachelor-/Diplomstudium im natur-, ingenieur- oder gesundheitswissenschaftlichen Bereich sowie Erfahrung in den Fächern Chemie, Analytik, Mikro- und Molekularbiologie. „Unser Master baut direkt auf die Bachelors Bioengineering und Molecular Biotechnology auf“, sagt Graf. Doch auch ein anderer naturwissenschaftlich-technischer Bachelor oder ein vergleichbarer Hochschulabschluss mit 180 ECTS-Punkten können als Eintrittskarte gelten. „Wichtig sind Grundkenntnisse in Genetik, Zell- und Mikrobiologie sowie Programmierkenntnisse“, sagt Graf. Sind diese nicht oder nicht in ausreichendem Maß vorhanden, können sie sowohl an der FH Campus Wien als auch dem Biotech-Campus Tulln zusätzlich erworben werden. Anders sieht es beim Bachelorstudium in Hagenberg aus. „Bei uns braucht man keine Vorkenntnisse, wir bringen den Studierenden alles bei“, sagt Winkler. Interesse sowohl für Biologie als auch Informatik sei allerdings von Vorteil. Und noch etwas sollten angehende Bioinformatiker seiner Ansicht nach mitbringen: Forscherdrang und detektivische Neugier.

Fachverständnis notwendig

Dass die Grenzen zwischen Naturwissenschaften und Technik bei der Bioinformatik, die sich neben menschlichen auch mit tierischen und pflanzlichen Genomen beschäftigt, überwunden werden, ist dem Studiengangsleiter zufolge extrem wichtig. „Ich kann keine Software dafür entwickeln, wenn ich nicht weiß, was ein Protein ist“, sagt Winkler, der die Berufsaussichten als „brillant“ bezeichnet. Ähnlich sieht das Graf: „Vor allem die, die sich weniger mit der Softwareentwicklung, sondern mehr mit Datenanalyse und Datenvisualisierung beschäftigen, stehen in engem Austausch mit den Laborgruppen. Das heißt, sie müssen verstehen, was diese erwarten, die Daten interpretieren und die Ergebnisse präsentieren können.“ Nicht zuletzt sei wichtig zu wissen, wie die Daten erzeugt wurden, wo Kontaminierungen entstehen könnten oder es mögliche Fehlerquellen gebe.

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