Werkstoffe

Lichtschalter und Lüftungsschächte können ökologisch sein

Hinter der Fassade stecken viele Chancen, klimafreundliche Materialien einzubauen.
Hinter der Fassade stecken viele Chancen, klimafreundliche Materialien einzubauen.[ Getty Images/Alan Schein ]
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Kann man Gebäudetechnikteile, etwa Rohre oder Schalter, aus nachhaltigen Materialien produzieren? Ein Team der FH Salzburg untersucht, wo man herkömmliche Kunststoffe oder Aluminium ersetzen kann, um die Umwelt zu schonen.

Nachwachsende Rohstoffe, wie Holz, Hanf, Stroh oder Schafwolle als Dämmstoffe oder Wärmeschutz einzusetzen, gehört heute bereits zum ABC des Hausbaus. Kaum eine Rolle spielt hingegen der Gedanke an Nachhaltigkeit, wenn es um Materialien der Gebäudetechnik geht, etwa bei Kühlungs-, Lüftungs- oder Elektrokomponenten. Dafür werden in erster Linie Kunststoffe oder Aluminium gewählt, die den technischen Anforderungen im Bau entsprechen müssen. Prinzipien wie Kreislaufwirtschaft oder Rezyklierbarkeit spielen dabei bisher wenig Rolle.
Mit der Möglichkeit, auch in diesem Bereich nachhaltigere Werkstoffe einzusetzen, setzt sich ein Forschungsprojekt der Fachhochschule Salzburg auseinander. „Uns geht es primär darum, ob im Bereich der Gebäudetechnik an der ,Materialschraube‘ gedreht werden kann“, sagt Projektleiter Jakob Weithas. Die technische Gebäudeausrüstung (TGA) achtet in der Praxis auf Energieeffizienz. Die Umweltwirkung der Herstellungs- und Kreislaufprozesse zu senken ist hingegen meist nur eine Randnotiz.

Das Potenzial biogener Materialien – speziell biobasierter Kunststoffe, Verbund- und Holzwerkstoffe – für gebäudetechnische Komponenten soll in dem Sondierungsprojekt „BiBi-TGA“ (Biogene Bilanzierung in der technischen Gebäudeausrüstung) erhoben werden, das Weithas mit dem Leiter des Forschungsbereichs Smart Building, Markus Leeb, verantwortet.

Potenzial von Bürogebäuden

Biokunststoffe

Ein Fokus des FFG-geförderten Vorhabens liegt auf Bürogebäuden – ein Bereich, auf den Leeb seit seiner Dissertation an der TU Wien spezialisiert ist. Die Daten eines derzeit entstehenden Referenzbürogebäudes bieten ideale Voraussetzungen, die Potenziale zu identifizieren. Aufgrund des höheren Technisierungsgrads bei der Lüftungs- und Elektrotechnik kann man in Bürogebäuden wesentlich mehr Werkstoffe ersetzen. „In der Elektrotechnik ist der Anteil an Kunststoff, z. B. PVC, durch Leerverrohrung oder andere Kabelführungen sehr hoch. Wir sehen hier mit biogenen Kunst- und Hybridwerkstoffen signifikantes Austauschpotenzial“, so Weithas. Auch Verbindungen und Befestigungen in der Elektrotechnik sind interessant, wie etwa Krallmuffen oder Klemmschellen, die einen beachtlichen Anteil am Materialbedarf ausmachen. Das Thema Lüftung beschäftigt die Forscher primär im Bereich der Verteilung von Zu- und Abluft, also der Lüftungsschächte. „Auch hier versuchen wir, Produktkonzepte mit anderen Materialien zu entwickeln, die gleichzeitig alle hygienischen Standards und technischen Normen erfüllen.“

Es gibt noch wenig Komponenten für Gebäudetechnik aus biogenen Alternativmaterialien. Daher forscht das Team an sogenannten Compoundierungen: Kunststoffverbindungen oder Kunststoffgranulate, die mit Zusätzen versehen wurden, um Eigenschaften zu verbessern wie die Temperatur-und Feuchtebeständigkeit, die Zugfestigkeit oder auch die Farbe. „Wir recherchieren mit unserem Projektpartner, welche Compoundierungen z. B. für Biokunststoffe bereits vorhanden sind und ob sie laut unseren technischen Anforderungskatalogen für die Komponenten passen könnten, die wir ersetzen wollen“, so Weithas.
Dabei spielt auch die Ökobilanzierung des Gebäudes und seiner Komponenten eine zentrale Rolle. Hier werden zuerst die Massenanteile aller Bauteile des Gebäudes dokumentiert und anschließend in einem Ökobilanz-Modell analysiert. So wird abgeschätzt, was austauschbar wäre und was nicht – und welche Effekte das für die Umwelt hätte. Die Forscher hoffen, damit auch Unternehmen eine Entscheidungsgrundlage zu bieten. Ein Folgeprojekt soll sich mit der Umsetzung des Projekts befassen.

Das Ziel ist, zusammen mit Unternehmenspartnern Prototypen zu entwickeln und dem Markt verfügbar zu machen. Biokunststoffe könnten dadurch, wie im Lebensmittelbereich, auch in der Gebäudetechnik Einzug finden. Ähnlich wie Handelsketten beim Wareneinkauf darauf achten, ökologisches Verpackungsmaterial zu beschaffen, können in Zukunft auch Bauträger auf biogene und ökologisch verbesserte Rohre oder Muffen zurückgreifen.Der Begriff „Biokunststoff“ ist sehr weit gefasst. Er beinhaltet sowohl Produkte, die einen erneuerbaren Anteil besitzen, also aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, als auch biologisch abbaubare Produkte.

Es gibt Biokunststoffe, die chemisch ident mit synthetischem Kunststoffen sind, jedoch aus Pflanzen gewonnen werden, ohne biologisch abbaubar zu sein (zum Beispiel Bio-PE oder Bio-PET). Umgekehrt gibt es biologisch abbaubare Kunststoffe, die aus Erdöl gewonnen werden.

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