Mein Samstag

Apfelessen auf Schwedisch

Bei uns daheim ist die Begeisterung für Fremdsprachen ausgebrochen. Jetzt nicht unbedingt nur für jene Sprache, die das Kind in der Schule lernt (Englisch), sondern auch für Schwedisch, Französisch und Griechisch. Mittels einer Sprachlern-App mit grellgrüner Comic-Eule hat das Kind gleich mit drei Sprachen gleichzeitig angefangen. Auf Griechisch hängt es noch beim Alphabet fest, aber in Französisch und Schwedisch, berichtet das Kind, sei es schon sehr weit.

Zumindest hat es in der App schon allerlei Edelsteine und Kronen abgestaubt, die man als Belohnung für erreichte Levels bekommt. (Wenn Sie mich fragen, ist dieses Konzept insgesamt hochinteressant: Man wird einerseits pausenlos superstar-artig gelobt. Macht man aber zu viele Fehler, verliert man seine Leben und ist eine Zeit lang für das Weiterlernen gesperrt. )

Frag mich mal was auf Französisch, hat das Kind neulich gesagt. Was heißt, frage ich, zum Beispiel: „Wie heißt du?“ Das Kind überlegt kurz. Nein, was anderes. „Gut“, sage ich, „was heißt: Mir geht es gut“? Langsam wird das Kind grantig ob meiner offenbar völlig abwegigen Fragen. Wir wechseln also zu Schwedisch. „,Hej‘ kann ich schon“, sage ich (vom Ikea-Newsletter). „Frag mich, was ,Eine Frau isst einen Apfel‘ heißt“, sagt das Kind. Gut, das ist vielleicht nicht unbedingt der Satz, der mir eingefallen wäre, aber den kann das Kind schon („En kvinna äter ett äpple“). Überhaupt geht die Kommunikation über Äpfel essende Menschen schon fließend – offenbar beginnt man beim Sprachenlernen zumindest via App nicht mehr mit Small-Talk-Basics wie Name und Alter, sondern mit dem Obstkonsum namenloser Menschen mit unbestimmtem Artikel.

Da ich demnächst nach Schweden fahre, habe ich auch mit Online-Schwedisch begonnen. Ich werde in Schweden zwar voraussichtlich niemandem meinen Namen mitteilen können oder fragen, wie spät es ist, hoffe jetzt aber natürlich, dass sich irgendwo in der Nähe meiner Reisegruppe ein Mann (en man) oder ein Mädchen (en flicka) aufhält, die zufällig gerade in einen Äpple beißen. Hoffentlich in keinen sauren! Hej!

E-Mails an: mirjam,marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2022)

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