Ineos Grenadier

Alleinstellungsmerkmal Leiterrahmen

Unterwegs in die Serienproduktion ab Juli: Fertigung des Ineos Grenadier im französischen Werk Hambach.
Unterwegs in die Serienproduktion ab Juli: Fertigung des Ineos Grenadier im französischen Werk Hambach.⫻ Patrick Gosling
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Beim Bier im Londoner Pub ersonnen, bei Magna Steyr in Graz entwickelt, in einer Smart-Fabrik in Frankreich gebaut: Der rustikale Offroader Ineos Grenadier will aber kein Abenteuer, sondern Business Case sein.

Es hat schon Vorteile, richtig reich zu sein: Man kommt einfach schneller an Dinge, die man gern hätte. Im Fall des Engländers Jimmy Ratcliffe – Sir Jimmy Ratcliffe – wäre das die eigene Autoproduktion. Die musste her, weil Land Rover die 4x4-Ikone Defender in den Ruhestand geschickt hatte und der Nachfolger so gar nicht nach dem Geschmack des 69-jährigen Offroad-Fans geraten war. Zu schick, zu gerundet, zu wenig nach der reinen Geländewagenlehre, die beispielsweise Leiterrahmen und Starrachsen vorsieht. Hat man beim neuen Defender für bessere Manieren auf der Straße, hauptsächlich aber für Plattformsynergien mit anderen LR-Modellen ja sein lassen.


Production Hell. Ratcliffe ist als Gründer des Chemiekonzerns Ineos zu seinem Vermögen gekommen, und er hat keineswegs vor, es als Autofabrikant auf dem zweiten Bildungsweg durchzubringen. Er sieht einen klaren Business Case für einen Offroader von echtem Schrot und Korn, ohne Chichi und zu Preisen, die ihn auch für Rettungsdienste und Bergwachen erschwinglich machen. Kurz: Für ein Auto, wie es nicht mehr gebaut wird. Jedenfalls bis Juli, wenn der Ineos Grenadier in die Serienproduktion startet. Derzeit laufe gerade die zweite Vorproduktion an, mithin „Production Hell“, würde Elon Musk sagen, es gebe jedenfalls noch einiges zu tun. Dass der Grenadier ab 18. Mai bestellt werden kann – der Konfigurator ist schon online – spricht dafür, dass bislang äußerst effizient und zielgerichtet vorgegangen wurde.

Vieles am Grenadier ist kurios. Obwohl Ratcliffe, der die Idee zu dem Auto in seinem Stamm-Pub The Grenadier gehabt hat, als Brexiteer gilt, ist das Auto sehr kontinentaleuropäisch.

Die Zentrale sitzt im vornehmen Chelsea, London, doch das Werk steht nicht wie geplant in Wales, sondern im französischen Hambach. Dort musste man nicht bei Null beginnen – die von Daimler im Jänner des Vorjahres übernommene Fabrik stellt neben Mercedes-Komponenten bis heute den zweisitzigen Smart her, der im nächsten Jahr ausläuft, und verfügt über eine zweite Fertigungsstraße, die für ein größeres Auto gedacht gewesen ist – der Mercedes GLB hätte dort entstehen sollen. So wurde auch gleich fast die ganze Mannschaft von Mercedes übernommen, etwa 1000 Mitarbeiter sind in Hambach nun für Ineos tätig.

Den Smart könnte man dem Grenadier aufs Dach binden. Herzstück des 4,9 Meter langen und über 2,6 Tonnen schweren Geländewagens ist ein massiver Leiterrahmen, den man auch speziell lackiert bestellen kann – im Geländeeinsatz bekommt man die Unterseite ja gut zu sehen. Die Komponenten sind durchwegs vom Feinsten. Sitze von Recaro, Bremsen von Brembo, Motoren von BMW. Zu gleichen Preisen kann man zwischen Diesel und Benziner wählen, jeweils als 3,0-Liter-Reihensechszylinder. Das nutzorientierte Basismodell startet als zweisitziger Utility Wagon bei 61.170 Euro (plus NoVA), drei Händler in Wien, Linz und bei Graz sind bereits gefunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2022)

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