Am Herd

Im Wartesaal von Wien Energie

Wenn der Staat ungerecht ist, regt das die Kinder zum Glück weniger auf, als wenn die Mama das Schnitzel in zwei verschieden große Hälften schneidet.

Meine ältere Tochter war letzte Woche bei Wien Energie. Sie hatte nämlich eine Frage zum Gutschein. Ich will nicht lang über diesen Gutschein reden, nur so viel: Als Mama habe ich mich jahrelang bemüht, dass ja kein Kind einen volleren Becher Vanillepudding kriegt, habe mir gemerkt, wer bei der letzten Fahrt mit dem Aufzug den Knopf gedrückt hat und habe einen Streit geschlichtet, in dem es darum ging, dass Marlene beide Hendlhaxen mit der Öl-Paprika-Salz-Mischung eingepinselt hat – und Hannah blieben nur die Flügel! Mir klingeln vom „Das ist unfair“ immer noch die Ohren. Und was ist jetzt? Jetzt bekommen Hannah und ihre Mitbewohner für die Beheizung der 90-Quadratmeter-WG gemeinsam gleich viel wie Marlene allein für ihre Ein-Zimmer-Wohnung.

Wenn der Staat ungerecht ist, regt das die Kinder zum Glück weniger auf, als wenn die Mama das Schnitzel in verschieden große Hälften schneidet. Hannah war also nicht dort, um sich zu beschweren, sondern um gemeinsam mit ihrem Mitbewohner eine bürokratische Hürde zu beseitigen, wofür sie zwei Stunden warten mussten. Noch so eine Sache, die ich mir als Mama nicht hätte leisten dürfen. Während dieser Wartezeit haben sie jedenfalls das Unterhaltungsangebot vor Ort genutzt, das im Wesentlichen aus Videoclips über die Bestattung Wien bestand. Die kann einem durchaus die Zeit verkürzen, immerhin verkauft sie Turnsackerln mit dem Aufdruck „Ich turne bis zur Urne“ und T-Shirts mit dem Slogan „Ich lese, bis ich verwese“. Und den Spruch „Der letzte Wagen ist immer ein Kombi“ fand ich auch gut.

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