Man will keine Gedanken mehr an das Coronavirus verschwenden. Das ist vielleicht verständlich, aber verhindert keine Wiederkehr des Schreckens.
Wir sind mit Corona fertig. Aber Corona ist noch nicht mit uns fertig. Es wird es vermutlich nie sein. Das Virus tut, was in seiner Natur liegt: Es mutiert, es verbreitet sich, dort, wo ihm keine Grenzen gesetzt werden.
Mehr als zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie gibt es Fakten, denen man sich emotionslos stellen muss. Erstens, die Zero-Covid-Strategie hatte nur in der Theorie Bestand: Sie wäre nur mit einer weltweiten gleichzeitigen Kraftanstrengung umzusetzen gewesen. Zweitens, die Herdenimmunität hat sich als Mär erwiesen: Mehrfachinfektionen betreffen Geimpfte wie Genesene. Drittens: Die Impfung ist nur eine Säule von mehreren in der Prävention.
Nicht weit von hier tobt ein grausamer Krieg, der alle anderen Probleme verblassen lässt. Schon allein deshalb ist es vermessen, von Kampf oder gar Krieg gegen ein Virus zu schreiben, so wie auch die oft gebrauchte Phrase, den Krebs zu „besiegen“, völlig unangebracht ist. Betroffene wissen, welche zusätzliche Last es ist, Krankheitsverläufe in dieser Weise zu personalisieren. Dies ist auch bei Corona geschehen – jene, die bloß einen Schnupfen hatten, konnten die Infektion mit einem Schulterzucken abtun (und sich vielleicht auf die Schulter klopfen), während andere noch Monate später keine Treppen steigen können. Sie können nichts dafür. Und was ist mit den vielen Toten? Sie als eine Art natürliche Auslese hinzunehmen wäre eine Kapitulation des Humanismus.