Andrang und Gewalt

Sohn von Ex-Diktator Marcos führt bei Präsidentenwahl auf Philippinen

Ferdinand Marcos Jr. bei seiner Stimmabgabe in Batac.
Ferdinand Marcos Jr. bei seiner Stimmabgabe in Batac.APA/AFP/JAM STA ROSA
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Jahrzehntelang knechtete das Marcos-Regime auf den Philippinen schamlos das Volk, aber viele junge Wähler können sich daran nicht erinnern. Ferdinand Marcos Jr. wird nun wohl Präsident des Inselstaats.

Bei der Präsidentenwahl auf den Philippinen hat sich am Montag ein Sieg von Ferdinand "Bongbong" Marcos Jr. abgezeichnet, Sohn des verstorbenen Diktators. Die Wahlbehörde gab nach Auszählung von 61 Prozent der Stimmen bekannt, dass Marcos über 21,7 Millionen Stimmen verfüge, mehr als zweimal so viele wie Vizepräsidentin Leni Robredo. Ein Sprecher von Marcos sagte CNN Philippinen, der Kandidat werde nicht über einen Sieg reden, bis endgültig ausgezählt worden sei.

Der Sieger der Wahl folgt dem umstrittenen Präsidenten Rodrigo Duterte, der nach sechs Jahren nicht mehr antreten durfte. Damit kehrt die Marcos-Familie 36 Jahre nach dem Sturz des Diktators wohl an die Macht zurück. Der 64-jährige Marcos Jr. war Gouverneur, Abgeordneter und Senator. Seine Schwester Imee ist Senatorin und seine Mutter Imelda, die Witwe des Diktators, war für vier Legislaturperioden Abgeordnete im Repräsentantenhaus. Marcos Jr. hat kein wirkliches politisches Programm vorgestellt. Die Marcos-Familie weist Vorwürfe zurück, während der zwei Jahrzehnte der Herrschaft des Vaters Milliarden von Dollar an Staatsgeldern abgezweigt zu haben. Viele ihrer Unterstützer wurden nach dem Aufstand von 1986 geboren. Sie sind überzeugt, dass die Anschuldigungen von ihren Gegnern erfunden wurden.

Als Grund für den sich abzeichnenden Wahlausgang gilt insbesondere der Erfolg von Marcos' Wahlkampf in den sozialen Medien. Der US-Konzern Alphabet hatte Anfang Dezember angekündigt, auf den Philippinen keine politische Werbung über seine Suchmaschine zuzulassen. Bereits der Wahlsieg von Duterte 2016 wurde von Experten zu einem großen Teil auf die Arbeit im Internet zurückgeführt. Eine Studie aus dem Jahr 2021 bescheinigte den Philippinern, mehr Internet-basierte Medien zu konsumieren als jedes andere Land. Im Durchschnitt seien die Menschen auf dem Inselstaat knapp elf Stunden täglich online.

Von Gewalt überschattet

Die Wahl war von gewaltsamen Attacken überschattet. Auch gab es teilweise Probleme mit defekten Stimmenzählmaschinen und fehlenden Namen auf Wählerlisten. "Trotz einiger Pannen und einiger Gewalt ist die Wahl aber im Allgemeinen gut verlaufen", sagte George Garcia von der Wahlkommission. Rund 67 Millionen Menschen waren zu den Urnen gerufen, um den Nachfolger des umstrittenen Präsidenten Rodrigo Duterte zu wählen. Die Wahllokale auf den Philippinen schlossen um 19 Uhr Ortszeit (13 Uhr MESZ).

Bereits vor Sonnenaufgang standen Menschen vor Volksschulen und anderen Wahllokalen auf dem Archipel Schlange, um ihre Stimme abzugeben. "Die langen Schlangen sind großartig. Die Philippiner wollten gehört werden, und zwar laut", sagte George Garcia von der Wahlkommission. Es wird erwartet, dass die Wahlbeteiligung unter den mehr als 65 Millionen stimmberechtigten Philippinern hoch sein wird.

Mehr als 60.000 Sicherheitskräfte waren am Montag zum Schutz der Stimmzettel und Wahlhelfer im Einsatz. Neben dem Staatsoberhaupt wurden auch tausende lokale Posten neu gewählt.

Wenige Stunden vor Beginn der Abstimmungen wurden in der Unruheprovinz Maguindanao auf Mindanao zwei Wahllokale mit Granaten angegriffen. Während einer der Angriffe ohne Opfer blieb, wurden beim anderen nach Behördenangaben neun Menschen verletzt. Demnach handelte es sich um die Bewohner weit entfernter Bergdörfer, die für die Abstimmung extra stundenlang in die nächstgelegene Stadt gegangen waren.

Auf Mindanao im Süden des Archipels gibt es zahlreiche bewaffnete Gruppen, die von kommunistischen Aufständischen bis hin zu militanten Islamisten reichen. Bei Wahlen kommt es regelmäßig zu tödlichen Anschlägen. Der diesjährige Wahlkampf war allerdings vergleichsweise ruhig. Nach Angaben der Polizei gab es seit dem 9. Jänner bis Sonntag nur 16 "bestätigte Vorfälle im Zusammenhang mit den Wahlen", darunter vier Schusswaffenangriffe. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 waren es 133 Vorfälle.

(APA/AFP)

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