Zwischenbilanz

Hedgefonds-Debakel wird für Allianz noch teurer

Versicherer schreibt weitere 1,9 Milliarden Euro ab. Vergleiche mit allen Klägern, Einigung mit Behörden absehbar. Allianz schreibt im Quartal trotzdem schwarze Zahlen.

Nach fast zwei Jahren will die Allianz zumindest finanziell einen Schlussstrich unter das Debakel mit Hedgefonds in den USA ziehen. Nach der Einigung mit den restlichen Klägern muss der deutsche Versicherungsriese insgesamt 5,6 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um große Anleger für ihre Verluste zu entschädigen und die Untersuchungen der US-Behörden zu beenden.

Im ersten Quartal stellt die Allianz noch einmal 1,9 Milliarden Euro für die Vergleichszahlungen zurück, wie sie am Mittwoch mitteilte. "Die erneute Belastung zeigt deutlich den enormen Schaden, der angerichtet wurde", sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Fondsgesellschaft Deka. Der Tochter Allianz Global Investors, die die "Structured Alpha"-Hedgefonds aufgelegt hatte, drohen offenbar weitergehende Konsequenzen.

Gut zwei Dutzend Investoren - vor allem US-Pensionsfonds - hatten die Allianz auf 6,3 Milliarden Dollar (6 Milliarden Euro) verklagt, nachdem sie mit den "Structured Alpha"-Hedgefonds zu Beginn der Coronakrise Milliardenverluste erlitten hatten. Als die Aktienmärkte zu Beginn der Coronakrise im Frühjahr 2020 in die Knie gingen, verloren sie einen Großteil ihres Einsatzes. Dabei hatte Allianz Global Investors ihnen die spekulativen Papiere im Volumen von 15 Milliarden Dollar als krisensichere Anlage verkauft. Die Kläger warfen der Allianz vor, angesichts der zeitweiligen Panik an den Märkten von ihrer Investmentstrategie abgewichen zu sein.

Die Allianz hatte die Vorwürfe anfangs scharf zurückgewiesen. Erst als sich das US-Justizministerium und die Börsenaufsicht SEC einschalteten, lenkte Vorstandschef Oliver Bäte im Sommer 2021 ein. Seither verhandelte sie mit den Investoren darüber, die Klagen im Zuge eines Vergleichs beizulegen. Zwei für die "Structured Alpha"-Fonds verantwortliche Fondsmanager wurden entlassen. Die im Allianz-Vorstand für das Asset Management mit den Töchtern Pimco und Allianz Global Investors verantwortliche Jacqueline Hunt schied im Herbst vorzeitig aus dem Amt. Nach einer Einigung mit den wichtigsten Hedgefonds-Käufern hatte die Allianz im Abschluss für das vergangene Jahr 3,7 Milliarden Euro vor Steuern zurückgestellt. Bäte hatte aber gewarnt, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange sei.

600 Millionen Euro verdient

Unter dem Strich kosten die Vergleichszahlungen und Strafen die Allianz 4,4 Milliarden Euro - das entspricht zwei Drittel eines Jahresgewinns. Dabei gehören solche spekulativen Produkte nicht einmal zum Kerngeschäft von Allianz Global Investors, dem kleineren der zwei Vermögensverwalter der Allianz. Trotz einer Nettobelastung von 1,6 Milliarden Euro aus dem Fonds-Debakel schrieb der Versicherer im ersten Quartal schwarze Zahlen. Mit rund 600 Millionen Euro fällt der Nettogewinn aber um 2 Milliarden Euro niedriger aus als vor einem Jahr. Operativ läuft es weiter: Das Betriebsergebnis lag mit 3,2 (3,3) Milliarden Euro fast auf dem Vorjahresniveau - und über den Erwartungen von Analysten.

An der Börse überwog daher am Mittwoch Erleichterung, wie auch Fondsmanager Steffen Weyl von Union Investment feststellte. Ein "Worst-Case-Szenario" sei trotz der hohen Summe vermieden worden. Die Allianz-Aktie stieg um 4,2 Prozent auf 201,80 Euro. Die Allianz habe das Thema früher als erwartet abgeräumt, schrieben die Analysten von Berenberg. "Structured Alpha" laste damit nicht mehr auf der Aktie.

Rechnerisch werden die Anleger fast vollständig für ihre Verluste entschädigt. Öffentlich geworden war der Vergleich mit dem Lehrer-Pensionsfonds ATRS aus dem US-Bundesstaat Arkansas, einem der größten Anleger in die "Structured Alpha"-Fonds. Er hatte Kursverluste von 774 Millionen Dollar beklagt und 643 Millionen Dollar von der Allianz bekommen. Von den Behörden drohen der Allianz noch Strafen, die aber teilweise mit den Entschädigungen verrechnet werden können. Zudem rechnet sie mit Konsequenzen für Allianz Global Investors in den USA. Wie diese aussehen könnten, ist unklar. Die Gespräche mit den Behörden seien fortgeschritten, hieß es in der Mitteilung. Die Allianz strebe eine "zeitnahe Beendigung" der Verfahren mit dem Ministerium und der SEC an.

(APA/Reuters)

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