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ÖBB beendet Russland-Projekt

Die Presse
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Die umstrittene Verlängerung der russischen Breitspur bis nach Wien wird endgültig Geschichte. Die ÖBB tritt aus der Projektgesellschaft aus. Wird ihr Anteil nicht übernommen, löst sich die Planungsgesellschaft auf.

Am Dienstag erhielten die Staatsbahnen der Slowakei, der Ukraine und Russlands Post aus Wien. Absender war die heimische ÖBB, die mit den drei anderen Unternehmen seit 2009 eine gemeinsame Planungsgesellschaft für die Verlängerung der russischen Breitspurbahn vom ostslowakischen Košice bis nach Wien betreibt. Nun teilte die ÖBB den anderen Bahnen mit, dass sie ihren Anteil von 27,74 Prozent an der Gesellschaft abgeben möchte, heißt es von der ÖBB zur „Presse“. Laut Gesellschaftsvertrag haben die drei Partner nun vier Wochen Zeit, diesen abzukaufen. Geschieht das nicht, womit man bei der ÖBB auch rechnet, wird die Planungsgesellschaft liquidiert. Das dürfte bis zum Jahresende 2022 erfolgen. Dann wäre das Projekt „Breitspurbahn nach Wien“ offiziell endgültig Geschichte.

Dass es zu diesem Schritt kommt, ist nicht ganz überraschend, schließlich stammt das Projekt noch aus einer gänzlich anderen Zeit. Vor ziemlich genau 15 Jahren, im Mai 2007, wurde das Thema vom russischen Präsidenten, Wladimir Putin, im Rahmen eines Wien-Besuchs erstmals groß aufs Tapet gebracht. Russland wollte durch den westlichen Vorstoß seiner Breitspur die Transportkapazitäten Richtung Mitteleuropa verstärken – und die Länder Mitteleuropas ähnlich wie bei den Gaspipelines wirtschaftlich stärker an sich binden. In Österreich und der Slowakei wiederum gab es die Hoffnung, in der sogenannten Twin-City-Region (Wien und Bratislava) durch neue Logistik-Terminals zusätzliche Jobs und Wertschöpfung zu generieren.

Allerdings war die Idee auch von Anfang an umstritten. So gibt es ja bereits eine bestehende Bahnverbindung Richtung Russland, die Umladung der Güter erfolgt dabei eben rund 500 Kilometer weiter östlich an der slowakisch-ukrainischen Grenze. Und das Umladen der Transporte dauere bei einem Zug mitunter kürzer als die Zollformalitäten, wie ein Unternehmen, das regelmäßig Güterzüge von Europa nach China organisiert, einst gegenüber der „Presse“ erklärte. Dass es daher Sinn ergebe, mehr als sechs Mrd. Euro in eine neue, parallel verlaufende Strecke zu investieren, war für viele Kritiker nicht nachvollziehbar.

Widerstand in der Slowakei

Besonders galt dies für die Slowakei, die mit der Verlagerung der Umlade-Logistik nach Wien ja einen wichtigen Arbeitgeber in der wirtschaftlich eher schwachen Ostslowakei verloren hätte. Daher gab es von Regionalpolitikern in Košice von Anfang an großen Widerstand gegen das Projekt, das von der slowakischen Zentralregierung unterstützt wurde. Und auch in Österreich war die Begeisterung von Anfang an nicht rasend groß. Dennoch wurde im Jahr 2009 die Planungsgesellschaft ins Leben gerufen. 2013 kam es dann auch zu einer großen Planungsstudie, nachdem Russland bereits mit einem Konkurrenzprojekt über Polen und Deutschland gedroht hatte.

Ein Jahr danach änderte sich die Lage zwar mit dem Ausbruch des Krieges im Donbass. Dennoch war vor allem FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer ein großer Verfechter des Projekts. Unter der türkis-grünen Regierung änderte sich die Stimmung wieder, und Ministerin Leonore Gewessler legte das Projekt 2021 offiziell auf Eis. Nach dem Einmarsch Russlands wurden vonseiten der ÖBB alle Aktivitäten eingestellt, Ende April erfolgte nun der Beschluss für den endgültigen Ausstieg.

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