Lokalkritik

Testessen in der Weinskandal-R&Bar

Christine Pichler
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Wo das Essen zum Naturwein Spanisch spricht: Das Weinskandal-Standbein R&Bar.

Etwas irritiert an dieser Speisekarte . . . Es fehlen die Worte Sharing und Tapas. Ein großes Danke dafür (nicht ­ironisch gemeint). Dabei hätte die Wein­skandal-R&Bar allen Grund dazu, diese anderswo bis zum Überdruss breitgetretenen Begriffe zu verwenden: Die Kleingerichte haben eine unverkennbar spanische Schlagseite, und zum Teilen beziehungsweise Sich-gemeinsam-Durchkosten eignen sie sich auch.

Moritz Herzog, einst Restaurantleiter im Palais Coburg, führt seit zehn Jahren seinen Naturweinhandel Weinskandal mit Hauptquartier im dritten Wiener Bezirk. Seit Anfang Mai hat sein Team mit der unverändert übernommenen, sprich weiterhin feschen R&Bar in der Lindengasse im Siebenten ein zweites Standbein. Gastgeber und mit für das Konzept verantwortlich ist Stephan Martin, der im wunderbaren Michelinstern­restaurant Aend schon vorgemacht hat, wie ­leisesohliger, auskunftsbereiter, aber nie informationsüberfrachtender Service geht.

Testlabor für Weine

Glasweise ausgeschenkt werden etwa der Bourgogne Blanc „La Combe 2018“ von Dominique Derain aus der ­Magnum oder die Cuvée „Alexandria 2021“ vom Kultweingut Matassa. Die beeindruckende Flaschenweinkarte basiert auf dem Weinskandal-Sortiment, darunter sind vor allem nicht so bekannte Weine, denen man verstärkt eine Bühne bieten will. Aber auch Naturweinen, die noch nicht im regulären Portfolio sind, wird Platz eingeräumt – die R&Bar dient als Testlabor für die Chancen beim Publikum. In den Regalen warten indes 200 – vereinfacht gesagt – Easy-Going-Weine zu Mitnahmepreisen auf Käufer, fungiert doch die R&Bar nun auch als Weingeschäft.

Christine Pichler

Der Fokus liege, so Herzog, klar auf den Weinen, Bistronomie solle es keine sein. Einspruch, dafür ist das Essen viel zu gut! Die Happen und Gerichte wurden von allen gemeinsam ersonnen, Dave Ferris etwa war davor in der Bar Brutal in Barcelona, Vorbild für zeitgemäße Weinbars weltweit – daher auch die spanische Note der Küche, die Mario Galbavy verantwortet. Unter den Snacks: Erdnüsse, samt Schale frittiert, mit Cajun-Gewürzen (2  Euro), Aufschnitt und dreierlei griechische Oliven. Prachtvolle Schinkenkroketten gibt es um 2,50 das Stück, Kräuter­seitlinge kommen gebraten mit frischem Liebstöckel und rohem Dotter (7 Euro), grüner Spargel wird auf Salvitxada (Sauce aus gerösteten Paprika und Paradeisern) gebettet (7 Euro). Allerbester Gang: die Esqueixada de bacallà (11 Euro), ein betörend vielschichtiger Salat mit Stockfisch, Orangenschale und Chilis. Nachtrag für Abstinente: Das Soda Zitron kostet 1,10.

Weinskandal-R&Bar

Lindengasse 1, 1070 Wien, Tel.: +43/(0)676 83 85 86 96, Restaurant: Mo–Fr: 14–23 Uhr.

(Aus der "Schaufenster"-Printausgabe vom 13.5. )

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