Fossile Konzerne

Ölmultis planen riesige Investitionen: War es das mit den Klimazielen?

FREDERIC J. BROWN
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Fossile Konzerne wollen global in 195 Öl- und Gasförderprojekte investieren. Die zusätzlichen Emissionen sind immens. Auch Konzerne aus den USA und Europa wetten auf das Scheitern der Klimapolitik.

Wien. Nicht nur die Temperaturen steigen weltweit, sondern auch die Preise von fossilen Energieträgern wie Gas und Öl. Aber während die Weltgemeinschaft vergangenen November in Glasgow einmal mehr bekundet hat, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad im Vergleich mit dem vorindustriellen Zeitalter begrenzen zu wollen, verführen nicht zuletzt auch die Aussichten auf hohe Erlöse mit fossilen Energieträgern Öl- und Gaskonzerne weltweit dazu, an den hohen Energiepreisen zu verdienen – und die Erwärmung des Planeten hinzunehmen.

Laut Recherchen des britischen „Guardian“ planen Fossilriesen weltweit 195 große fossile Förderprojekte, die insgesamt so viele Emissionen verursachen würden, wie die Welt in den kommenden 18 Jahren – wenn die Emissionen auf dem heutigen Stand bleiben. Selbst die kurzfristigen Expansionspläne der weltweiten Fossilwirtschaft würden so viele Emissionen verursachen, wie der weltweit größte Treibhausgasemittent, China, in einer Dekade.

Das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu beschränken, wäre so gut wie nicht mehr erreichbar, setzen die Fossilriesen ihre Pläne um. Das für das 1,5-Grad-Ziel verbleibende CO2-Budget beträgt 500 Milliarden Tonnen (Gigatonnen), die bis Ende des Jahrhunderts noch höchstens ausgestoßen werden dürfen. Aber die 195 Großprojekte allein würden über ihre Lebensdauer fast 650 Milliarden Tonnen emittieren. Vor Ausbruch der Coronakrise betrug der weltweite Ausstoß 37 Milliarden Tonnen.

Wette gegen Klimawende

Damit wettet die fossile Industrie auf das Scheitern des globalen Kampfs gegen den Klimawandel. Die Investitionen rentieren sich zu weiten Teilen nur, wenn von der Politik keine Riegel vorgeschoben werden. Immerhin belaufen sich die Kosten für die Expansionpläne der zwölf größten Öl- und Gaskonzerne auf 103 Millionen US-Dollar pro Tag bis Ende der Dekade. Damit erschließen die Konzerne Rohstoffe, die nicht verbrannt werden können, wenn die Welt den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad beschränken will.

Zählt man Investitionen in bestehende Kapazitäten hinzu, dürften die zwölf Branchengrößten bis 2030 sogar rund 387 Millionen Dollar pro Tag in die Ausbeutung fossiler Energieträger stecken.

Nicht mit Zielen kompatibel

Dabei sind es nicht nur Staatskonzerne wie Qatar Energy, Gazprom oder Saudi Aramco, die in den nächsten Jahren massiv in Förderprojekte investieren wollen. Auch europäische Konzerne wie Shell, BP, Total Energies und Eni planen Großprojekte. Genauso die US-Riesen Chevron und Exxon Mobil.

Gemessen an den geplanten Investitionen geht bei Exxon Mobil, Shell, Gazprom und Petro China laut „Guardian“ ein besonders großer Anteil in Projekte, die nicht nur mit dem 1,5-Grad-Ziel unvereinbar sind – sondern sogar mit einem viel weniger ambitionierten 2,7-Grad-Ziel. Gegenüber der britischen Zeitung betonten die Konzerne allerdings, dass man auch in Technologien investiere, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen.

Unkonventionelle Förderung

Kurzfristig betrifft ein Drittel der Förderprojekte „unkonventionelle“ Fördermethoden wie Fracking und tiefe Bohrungen im Meer.
Konzentriert sind die 195 geplanten Großprojekte vor allem im Nahen Osten, Russland und den USA. Allein jenseits des Atlantiks sind demnach Projekte in der Pipeline, die bis zu 140 Gigatonnen CO2-Emissionen verursachen könnten.

(luis)

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