Abhängigkeiten und Gönner der Sport-Schiedsgerichte

(c) Bilderbox
  • Drucken

Die Nada weist Schwächen auf. Auch im Ausland finden sich eigenwillige Konstruktionen. Antidoping-Agenturen dürfen über lebenslängliche Sperren für Sportler entscheiden, sie arbeiten aber nicht wie Gerichte.

Der 1. Juli 2008 sollte eine Zäsur sein. Österreichs Sportszene sollte sauber werden, Doping wirksam bekämpft werden. Die Nationale Antidopingagentur Nada wurde gegründet. Schon bald sollte viel Arbeit auf sie warten: Im Herbst 2008 wurde der Fall Bernhard Kohl bekannt...

Die Nada löste 2008 das Österreichische Antidoping-Comité (ÖADC) ab, das zuvor in zweiter Instanz die Urteile der jeweils zuständigen Fachverbände verhandelt hatte. Mit der Nada sollten die Instanzen zusammengefasst, der Pluralismus beendet und die Verfahren gestrafft werden.

Doch das von Sportpolitikern als großer Wurf bezeichnete Schiedsgericht wies in seiner Konstruktion Schwächen auf: Die Verfahren sind nicht öffentlich, und anstatt vollkommener Unabhängigkeit wurden per Bundesgesetz die neun Länder (45 Prozent) sowie die Bundessportorganisation (BSO) und das Österreichische Olympische Comité mit je einem Prozent als (Minderheits-)Gesellschafter ins Boot geholt. Diese Problematik zeigte Nada-Geschäftsführer Andreas Schwab schon unmittelbar nach seiner Bestellung im „Presse“-Interview auf.

Der Blick über die Grenze ist jedoch nicht sonderlich hilfreich. Auch im benachbarten Ausland finden sich eigenwillige Konstruktionen.

Stakeholder der Nada Deutschland etwa sind neben Bundesinnenministerium, Sportministerkonferenz und der Stadt Bonn die Deutsche Sporthilfe, der Deutsche Olympische Sportbund und die Wirtschaft: adidas, Telekom, Deutsche Bank oder Bionade. Das sind Unternehmen, die zum Teil auch als Großsponsoren mit dem Sport verbunden sind. Die Einnahmen der als Stiftung organisierten Nada Deutschland beliefen sich auf 4,5 Millionen Euro. Im Jahr 2009 veranlasste die deutsche Nada 14.296 Kontrollen.

Rund ein Zehntel davon, 1479 Kontrollen, gab Antidoping Schweiz in Auftrag. Diese Stiftung entstand am selben Tag wie die österreichische Nada. Das Schweizer Pendant wird vom Bundesamt für Sport und der Dachorganisation der Schweizer Sportverbände, Swiss Olympic, mit rund 3,1 Millionen Euro jährlich ausgestattet.

In Österreich, Deutschland und der Schweiz geben die Antidopingagenturen Kontrollen in Auftrag, die dann von unabhängigen Laboratorien ausgewertet werden. Welche dabei zur Anwendung kommen, obliegt weder den nationalen Antidoping-Agenturen noch den weltweit 34 akkreditierten Kontrolllaboratorien – eines davon befindet sich im niederösterreichischen Seibersdorf. Diese Methoden werden vielmehr von der Welt-Antidopingagentur Wada vorgeschrieben.

In allen drei Ländern entscheiden die Antidoping-Agenturen im Falle einer positiven Dopingprobe in nicht öffentlichen Verfahren über das Schicksal der betroffenen Athleten. Genau das ist in juristischer Hinsicht problematisch. Denn allfällige Sanktionen reichen von mehrmonatigen bis zu lebenslänglichen Sperren im Wiederholungsfall – was einem Berufsverbot gleichkommt. Wie Gerichte aber sind die Antidoping-Agenturen keineswegs organisiert. Im laufenden Jahr wurde hierzulande ein Sportler lebenslang gesperrt.

Heuer ist die Nada Austria mit 1,8Millionen Euro dotiert, um knapp 700.000 Euro mehr als im Vorjahr. 2009 nahmen die 48 Kontrollore 1233 Proben, zehn fielen positiv aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.