Wiener Staatsoper

Nicht alles ist finster bei diesem „Boris Godunow“

Viele Debüts bei der Wiederaufnahme von Mussorgskys „Boris Godunow“: erfreuliche Ensembleleistung, szenische Durchhänger.

Nacht herrscht über Russland. Überall ist ihre Schwärze hingekrochen in der düsteren Inszenierung von Yannis Kokkos: in die Straßen Moskaus genauso wie in den Kreml, ins Kloster Tschudow, in eine Schänke an der litauischen Grenze – und natürlich ins Herz des Herrschers. Diesem hat das Volk gefälligst zuzujubeln: Die Knute ist ein schlagendes Argument dafür . . . Wer wollte da nicht Parallelen zur Gegenwart ziehen? Jedoch hat Modest Mussorgsky seinen Boris Godunow nicht bloß zum Widerling gestempelt, sondern diese zuletzt an sich selbst verzweifelnde Titelfigur immerhin auch mit rührender Vaterliebe ausgestattet – und vor allem einem quälenden Gewissen. Alles zusammen macht ihn zur vielschichtigsten, begehrtesten Basspartie der slawischen Oper.

Alexander Tsymbalyuk stellte sich bei seinem Hausdebüt als „moderner“ Boris vor: Auf Extraportionen Pathos und vokales Gestikulieren verzichtet er dankenswerterweise; vielmehr versucht er, mit relativ schlankem, hellem Bass Farben und Emotionen aus der nobel eingehaltenen Gesangslinie abzuleiten. Klar müssen da noch Wünsche offen bleiben bei der Leistung des 46-jährigen Ukrainers. Dabei hat aber auch Kokkos erheblichen Anteil daran, dass der Abend zwar seine Schwingen ausbreitet, aber nie so recht abheben kann. Begonnen hat diese Produktion ja 2007 in einer Mischfassung; die 2012 erfolgte Umstudierung auf den kompakten Ur-„Boris“ krankt seither an lähmenden Umbaupausen. Da wollte es auch dem im russischen Repertoire so versierten Michael Güttler nicht gelingen, die Spannung durchwegs zu halten – und das wackere Orchester hatte sich auch noch nicht recht freigespielt.

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