Heimische Dopingjäger sind ins Visier des Sportministers geraten. Norbert Darabos ist mit der Arbeit von Nada-Chef Andreas Schwab nicht gerade zufrieden, wie er im Gespräch mit der "Presse am Sonntag" erklärt.
Sie haben sich als Sportminister dem Kampf gegen Doping verschrieben. Viele Sportler sind allerdings von den heimischen Dopingjägern bis jetzt noch nicht aus dem Verkehr gezogen worden. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, es sollte etwas vertuscht werden oder bewusst einschlafen. Was läuft hier falsch?
Norbert Darabos: Die Thematik ist etwas kompliziert. Wir fördern die Nationale Dopingagentur Nada im kommenden Jahr mit über zwei Millionen Euro. Die Nada hat heuer 1800 Proben abgeliefert, das heißt es wird dort fleißig gearbeitet. Dank unserer Unterstützung sind jetzt genug Mittel vorhanden. Unglücklich bin ich über die Behandlung der länger zurückliegenden Fälle, etwa der Humanplasma-Geschichte. Hier habe ich den Eindruck, dass nicht alles getan wurde, um diese Fälle auch erfolgreich abzuschließen. Ich bin für saubere Lösungen, und hier hat es Freisprüche gegeben, weil man Doping nicht lupenrein nachweisen konnte. Da wurde möglicherweise nicht gründlich genug vorbereitet.
Triathlet Michael Weiss beispielsweise wurde von der Nada vom Vorwurf, gegen die Antidoping-Bestimmungen verstoßen zu haben, aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Weil ein Belastungszeuge, Bernhard Kohl, trotz mehrmaliger Vorladungen nicht erschienen ist. Auch weitere Zeugen konnten dann auf einmal nicht genau Auskunft geben. In den Unterlagen der Soko Doping hätten sich allerdings andere Aussagen gefunden.
Es soll keine Vertuschung von alten Fällen oder Humanplasma-Kunden stattfinden, aber mir geht es auch um die Zukunft.
Die Kritik ist an Nada-Chef Andreas Schwab gerichtet. Ist er überfordert?
Die Nada ist die Speerspitze im Kampf gegen Doping. Ich habe mich in deren Arbeit nie eingemischt, aber ich erlaube mir, die strategische Ausrichtung zu bewerten. Wenn man Verfahren einleitet, dann sollte man auch einen Erfolg verbuchen können. Alles andere ist unprofessionell oder dilettantisch. So wird dem Kampf gegen Doping eher Schaden zugefügt.
Außerdem fehlt es an Transparenz. Der Endbericht der Soko Doping wurde auch nie veröffentlicht. Oder wissen Sie mehr?
Ich kenne verschiede Dopinglisten unterschiedlicher Art nicht. Ich habe auch die Ergebnisse der Soko Doping nicht. Ich erwarte aber von einem Leiter der Nada, dass er sich neuen Verfahren des Dopingnachweises nicht verschließt. Einen offensiveren Zugang hätte ich mir da schon gewünscht. Noch dazu, wenn es sich bei diesen Forschern, die offenbar EPO im Schnelltest nachweisen können, um Österreicher handelt.
Wollen Sie Andreas Schwab ablösen?
Das habe ich so nicht gesagt. Er hat einen Fünfjahresvertrag, ich glaube, er läuft 2013 aus. Mir geht es darum, dass die eigene Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel gezogen werden darf. Der Antidopingkampf ist schwer genug. Auch, weil es in Europa keinen Schulterschluss gibt. Das ist überall anders geregelt. Es müsste Mindeststandards geben. Ein Beispiel nur: Ludwig Paischer wurde bei der Judo-Heim-EM fünfmal kontrolliert, sein Gegner nie.
Walter Mayer ist in U-Haft gesessen, Eva-Maria Gradwohl hat einen Dopingtest verweigert und ist zurückgetreten. Warum dauern diese Verfahren alle so lange?
Ich vertraue auf die Justiz, sie muss entscheiden. Walter Mayer ist in Pension, kein Bundesheer-Angehöriger mehr. Aber die Situation ist natürlich unbefriedigend. Walter Mayer und Eva-Maria Gradwohl haben sich jedenfalls von mir verfolgt gefühlt. Nur: Ich habe noch nie jemandem einen Dopingkontrollor geschickt. Das ist nicht meine Aufgabe als Sportminister.
Verfolgen Sie Heinz Jungwirth, den ehemaligen ÖOC-Generalsekretär, der sich vor Gericht verantworten muss?
Heinz Jungwirth ist aufgrund strafrechtlicher Verdachtsmomente als Beamter im Sportministerium mit 18.November suspendiert worden. Sein Gehalt wurde deshalb um ein Drittel gekürzt. Jungwirth befindet sich auch im Rechtsstreit mit dem ÖOC, weil er im Verdacht steht, Geld für einen Job im Europäischen Olympischen Comité erhalten zu haben, den er laut eigenen Aussagen aber nie angetreten hat.
Sind Sie mit der Arbeit des neuen ÖOC zufrieden?
Präsident Karl Stoss nimmt das Amt sehr ernst. Das ÖOC ist jetzt breiter aufgestellt.
Dennoch streiten Sie mit dem ÖOC ums Geld...
Wir haben vom ÖOC rund 600.000 Euro zurückverlangt – aufgrund fehlender Unterlagen bzw. unzulässiger Einreichungen aus dem Jahr 2008, also um Olympia in Peking. Hier geht es etwa um die Verrechnung von Ehrenpreisen, den Weiterverkauf von Einkleidungsstücken, um Flug-, Hotel-, Telefonkosten. Oder um die Kosten für einen Weintransport in der Höhe von 7800 Euro.
Das ÖOC hat jetzt in einer Stellungnahme gegenüber dem Sportministerium Mängel eingestanden und zog bereits einige Posten der eingereichten Abrechnung zurück. Hier geht es um etwa 160.000 Euro. Damit gebe ich mich aber noch nicht zufrieden. Ein offener Punkt ist zum Beispiel die Förderung des Österreich-Hauses bei Olympia. Wünschenswert wäre es, wenn die Kosten dafür gänzlich von Sponsoren getragen werden.
Haben Sie schon die Abrechnung von Olympia in Vancouver bekommen?
Nein.
Die größte Baustelle ist die Reform der Sportförderung. Wie weit sind Sie da schon?
Es ist ein bisschen wie die Quadratur des Kreises. Aber im nächsten Jahr wollen wir durch sein. Zehn Arbeitsgruppen schuften daran, das ist alles sehr fruchtbringend. Ab 1. Jänner 2012 soll die neue Sportförderung in Kraft treten. Bis jetzt hat es kaum Widerstände gegeben, ich bin fast ein wenig überrascht. Alle sind eingebunden, es gibt natürlich unterschiedliche Interessenlagen. Aber wir sind nicht unter Zeitdruck.
Die Bundesregierung muss wieder fest sparen. Welche Auswirkungen hat das auf den österreichischen Sport?
Der Sport ist davon nicht betroffen. Wir halten bei einem Budget von etwa 78 Millionen Euro. Es ist uns gelungen, künftig eine Mindestsumme von 80Mio. Euro sicher zu haben. Das ist unantastbar.
Michel Platini, Präsident der Europäischen Fußballunion, hat in einem Interview die Forderung nach einer Sportpolizei geäußert. Können Sie dieser Idee etwas abgewinnen?
Ich halte das für verfolgenswert. Hier geht es um Wettbetrug und Korruption. Entscheidend ist, wer das finanziert, wie das im Detail ausschauen soll. Aber ich finde es interessant.
Sie stehen mit Uefa-Präsident Platini aber im Briefverkehr...
Ich habe Michael Platini einen Brief geschrieben, weil ich im Fußball rechtsextreme Tendenzen orte. Mir fällt auf, dass die Rückennummer 88 – ein Code für Heil Hitler oder die SS – in bestimmten Regionen Europas immer öfter auftaucht. Ich fordere ein Verbot der Rückennummer 88. Platini hat mir nun geantwortet, leider ist er in seinen Ausführungen noch sehr allgemein geblieben. Aber er zeigt sich für diese Probleme sensibilisiert.
Sie haben einmal kritisiert, der österreichische Sport liege in Händen weniger Funktionäre. Hat sich etwas geändert?
Die Personalkonzentration ist unbestritten. Aber ich bin gelernter Österreicher – ich fürchte, ich werde das nicht so schnell ändern. Mein Wunsch bleibt es, die Basis zu verbreitern.
ZUR PERSON
Doppelfunktion
Norbert Darabos (*31. Mai 1964) ist seit 11. Jänner 2007 Bundesminister für Landesverteidigung und seit Februar 2009 auch Bundesminister für Sport. Darabos ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Kampf dem Doping
Norbert Darabos hat sich dem Kampf gegen Doping verschrieben, Kritik äußert er an der Arbeit der Nationalen Antidoping-Agentur.
Reform der Sportförderung
Die Reform der Sportförderung steht vor der Fertigstellung – es soll das Ende des Gießkannenprinzips sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2010)