Inflation

2023 steigen die Reallöhne spürbar

APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Ukraine-Krieg kostet Österreich Wirtschaftswachstum, aber der Arbeitsmarkt erholt sich weiter. Nächstes Jahr dürften Österreichs Beschäftigte an Kaufkraft gewinnen.

Es ist nicht die einfachste Zeit, um Wirtschaftsprognosen zu erstellen – die Wahrscheinlichkeit, dass sie halten, ist verschwindend gering. Aber der Ökonom Josef Baumgartner vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) nimmt es mit sportlichem Ehrgeiz: „Es ist spannend, aber durch die Unsicherheit ist es natürlich mühsamer geworden“, sagt er zur „Presse“. Am Donnerstag legte das Wifo seine aktualisierte mittelfristige Prognose vor, also die wirtschaftlichen Aussichten für die Jahre 2022 bis 2026. Auch diese ist, in Zeiten von Krieg, rasender Teuerung und einer möglichen Rückkehr der Corona-Pandemie mit vielen Fragezeichen behaftet.

Im Vergleich zur vorigen Wifo-Prognose haben sich die Aussichten eingetrübt. Die österreichische Wirtschaft darf zwar heuer nach wie vor mit einem Wachstum von 3,9 Prozent rechnen – danach schwächt es sich aber sukzessive ab. Nächstes Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach aktuellem Stand nur noch um zwei Prozent wachsen.

Die Inflation

Bestimmend bleibt die Teuerung, die laut aktueller Prognose heuer um 5,8 Prozent anzieht. Das drückt die Reallöhne: Die hohe Inflation führt dazu, dass die Bruttoreallöhne (Lohnsteigerung abzüglich Inflation) pro Kopf um 2,3 Prozent zurückgehen, schreibt das Wifo. Allerdings wird diese Entwicklung durch die Steuerreform und die Maßnahmen der Regierung zur Abfederung der Teuerung wie den Teuerungs- und den Energiekostenausgleich zumindest teilweise gedämpft. Netto gehen die Reallöhne pro Kopf deshalb heuer nur um 1,1 Prozent zurück. Nächstes Jahr erwartet das Wifo dann um 1,6 Prozent steigende Reallöhne.

Die Löhne

Es zu erwarten, dass die Gewerkschaften in den Lohnverhandlungen kräftige Erhöhungen herausschlagen – teilweise ist das auch schon geschehen: In der Elektroindustrie beispielsweise haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft kürzlich auf eine Lohnerhöhung von fünf Prozent geeinigt. In der Herbstlohnrunde der Industrie dürfte die Lohnerhöhung wegen der bis dahin weiter steigenden Inflation noch kräftiger ausfallen. Gleichzeitig verschärft sich die Arbeitskräfteknappheit, weil die Babyboomer in Pension gehen und wegen der geburtenschwächeren Jahrgänge weniger junge Arbeitskräfte nachrücken. Die Unternehmen müssen also mehr bezahlen, um Mitarbeiter zu bekommen.

Die Jobs

Interessant ist, dass sich der Arbeitsmarkt trotz des schwächeren Wachstums gut entwickelt. Auch das ist eine Folge der knapperen Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Heuer steigt die Beschäftigung voraussichtlich um 2,1 Prozent, im Jahr 2026 laut aktueller Prognose nur noch um 0,9 Prozent. Auch die Arbeitslosigkeit geht zurück. Im von Corona geprägten Jahr 2020 betrug die Arbeitslosenquote noch 9,9 Prozent, bis zum Jahr 2026 soll sie auf sechs Prozent sinken. Das Wifo erwartet, dass bis Ende 2023 etwa 30.000 Erwerbspersonen aus der Ukraine dazukommen. Diese Zahl kann je nach Entwicklung des Kriegs deutlich steigen. Unter dem Strich steigt der Anteil der ausländischen Beschäftigten in Österreich zwischen 2021 und 2026 von 22,5 auf 26 Prozent.

Die starke Teuerung führt zu einem kräftigen Wachstum der Mehrwertsteuereinnahmen und der Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer für den Fiskus. Die Staatseinnahmen steigen laut Wifo bis zum Jahr 2026 um durchschnittlich 4,4 Prozent im Jahr.

Die Risken

Wegen der starken Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas werde das österreichische Bruttoinlandsprodukt um durchschnittlich 0,1 Prozentpunkte pro Jahr schwächer wachsen als in der Eurozone. Die Effekte eines Embargos für russisches Erdöl wären laut Baumgartner überschaubar, da großteils schon eingepreist. Anders wäre das im Fall eines Embargos für Erdgas oder eines Lieferstopps: Dann würde „vor allem die europäische Wirtschaft in eine Rezession schlittern“, so das Wifo. Und damit auch Österreich. Die Prognose müsste dann wohl komplett neu geschrieben werden.

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