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Filmfest "Red Lotus": Wenn Asien in die Vollen geht

"Und täglich grüßt das Murmeltier" aus Indien: "Maanaadu".
"Und täglich grüßt das Murmeltier" aus Indien: "Maanaadu".(c) V House Productions
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Ein neues Wiener Filmevent zeigt heuer bis 15. 5. panasiatische Popcorn-Unterhaltung, die es in sich hat.

Der Polizei entkommen? Ja bitte, aber doch nicht so: In der ersten Szene von „Just 6.5“ klettert ein Dealer, die Cops dicht auf den Fersen, über einen Bauzaun - und plumpst auf der anderen Seite in eine Erdgrube, die wenige Sekunden später von einem Bagger mit mehreren Kubikmetern Erde zugeschüttet und anschließend planiert wird.

Ein wuchtiger Auftakt, der die Tonart fürs Folgende vorgibt. Der Film stammt aus dem Iran, einem Land, aus dem es normalerweise höchstens Sozialdramen mit poetischem Einschlag nach Europa schaffen. „Just 6.5“ ist ein anderes Kaliber: Ein knallharter, illusionsloser Cop-Thriller über den iranischen „War on Drugs“. Um dem gewaltigen Drogenproblem des Landes beizukommen, braucht es, suggeriert der Film, totales commitment, und so folgen wir atemlos einem regelrecht besessenen Polizist, der sich daran macht, ein Heroinkartell im Alleingang von unten aufzurollen.

Für Filme wie „Just 6.5“ hat sich das Red Lotus Asian Film Festival Vienna gegründet, dessen erste Ausgabe dieses Jahr im Stadtkino stattfindet. Gewidmet ist es dem populären asiatischen Film. Oder, anders ausgedrückt: Allem, was sich die Bewohner Asiens - immerhin 60% der Weltbevölkerung - selbst am liebsten im Kino anschauen. Ein weites Feld, von dem in Europa normalerweise nur ein Bruchteil sichtbar wird: Eine Handvoll Festivalhits wie „Parasite“ und „Drive My Car“, für Spezialisten vielleicht noch ein paar Animes oder Horrorfilme.

Selbst der kurze Bollywood-Hype der Nullerjahre ist inzwischen längst abgeklungen. Dabei zeigt der von Red Lotus präsentierte „Maanaadu“ - genau genommen eine tamilische Produktion -, dass die indische Filmindustrie in Sachen pures Spektakelkino immer noch ihresgleichen sucht. Ein vor Ideen und Bildern regelrecht übersprudelnder Zeitschleifenfilm in der Tradition von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ ist das, der das amerikanische Vorbild in Sachen wahnwitziger Plottwists locker in den Schatten stellt. Und der politische Intrigen, wilde Actionchoreographie und enthusiastische Tanzszenen ansatzlos ineinander übergehen lässt.

Ein Film also, der sich alle paar Minuten neu erfindet. Und damit in gewisser Weise auch: ein Film wie das gesamte Festival. Denn auch das Programm von Red Lotus besticht durch eine außerordentliche Bandbreite. 13 Filme aus acht Ländern und quer durch alle Genres, ein Lifetime Achievement Award für den John-Woo-Darsteller Chow Yun Fat, ein Special, das Ann Hui, der Grand Dame des Hongkong Kinos gewidmet ist? Red Lotus will in den nächsten Jahren noch weiter wachsen, geht aber schon beim Debüt in die Vollen.

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