Noch im Dornröschenschlaf: Das denkmalgeschützte Haydn-Kino am Eisenstädter Oberberg soll wachgeküsst werden.
Hausgeschichte

Haydn-Kino in Eisenstadt: "Ein typisches Kind seiner Zeit"

Stuck, Art-déco-Elemente, Empore: Das 1924 erbaute Haydn-Kino in Eisenstadt geizte nicht mit Eleganz. Nach langer Schließung soll nun adaptiert, saniert und eröffnet werden.

Das Haydn-Kino in Eisenstadt – genauer gesagt am Oberberg vis-à-vis der Haydnkirche – hat schon viel erlebt: 1924 erbaut und von Josefa Horak geführt, blieb es bis zum Urenkel Eduard Tschida in der Familie. Ende der 1980er-Jahre wurde es vom Kinosterben erfasst und als Cocktailbar genutzt, samt Intermezzi mit Tanzkursen, Billard und Glücksspiel – gefolgt von jahrelangem Leerstand. Nun stand das Gebäude kürzlich zum Verkauf, die Stadt Eisenstadt erwarb es. Und hat große Pläne. „Wir wollen das Haus als Kulturstätte wiederbeleben, einen neuen Akzent für den wichtigen historischen Kern des Oberbergs setzen“, sagt Bettina Eder, Kommunikationschefin der Stadt.

Kleinkunstbühne inklusive

Das Gebäude steht mittlerweile unter Denkmalschutz und „ist ein typisches Kind seiner Zeit: eine Mischung aus Späthistorismus, Art-déco-Elementen und neuer Sachlichkeit“, erläutert Peter Adam vom Bundesdenkmalamt, zuständig für das Burgenland. „Das Haus war von Anfang an als Kino konzipiert und verfügt über einen prachtvollen Zuschauersaal, der wie ein kleines Theater mit einer Empore aufgebaut ist, und Platz für rund 450 Zuschauer bietet“, führt er weiter aus.
Insgesamt hat das Gebäude rund 500 Quadratmeter, die sich auf drei Etagen verteilen. Viel Platz also für mögliche Nutzungen.

„Natürlich denken wir an ein Kino, aber auf keinen Fall mit Blockbusterfilmen, es soll ein klassisches Programmkino werden“, sagt Eder. Und ergänzt: „Wir möchten das Gebäude auch noch anderweitig nutzen, etwa als Kleinkunstbühne oder für hochwertige Veranstaltungen. Wichtig ist uns, es als vielseitig einsetzbare Kulturstätte umzusetzen.“ Und somit auch die Gegend kulturell wieder zu beleben. Eder: „Der Oberberg zählt mit dem Kalvarienberg und dem Haydn-Mausoleum in der Bergkirche zu den Highlights der Stadt. Doch in den vergangenen Jahrzehnten konnte der Stadtteil sein Potenzial nicht ausnützen.“ Die Wiederbelebung, so wird kalkuliert, werde auch andere Projekte anstoßen.

Neue Nutzungsideen

Also arbeitet man in der Stadt an einem Nutzungs- und Sanierungskonzept, um die Anforderungen an das Gebäude zu klären und eine Renovierung beziehungsweise einen Umbau vornehmen zu können. „An sich ist das Gebäude von der Bausubstanz her in keinem schlechten Zustand, zwar vernachlässigt, immerhin ist es lange leer gestanden. Aber im Großen und Ganzen dürfte es in Ordnung sein“, sagt Adam. „Von unserer Seite wird zuerst der Zustand genau festgestellt. Wir wissen bereits etwa von Stuckdecken, die freizulegen sind, wir haben auch alte Filmprojektoren gefunden. Wenn die Nutzung feststeht, können die notwendigen Renovierungs- und Umbauarbeiten beginnen“, erklärt Adam die nächsten Schritte.

Barrieren und Brandschutz

Wobei sich das Denkmalamt hier – wie bei vielen alten Gebäuden – in einer schwierigen Situation sieht: „Einerseits wollen wir so viel wie möglich erhalten, schließlich geht es bei alten Gebäuden nicht nur um Architektur, sondern auch um Identität und Geschichte, andererseits gibt es natürlich bestimmte Bauverordnungen, die einzuhalten sind, was sehr oft eine schwierige Gratwanderung ist. Themen wie Brandschutz oder Barrierefreiheit wurden beim urspünglichen Bau ja nicht mitgedacht, und um den heutigen Anforderungen zu entsprechen, muss oft in die Substanz eingegriffen werden, was leider auch zu einer Zerstörung der urprünglichen Bausubstanz führen kann“, meint Adam und hofft dennoch, so viel wie möglich erhalten zu können, „etwa den wunderbaren Treppenaufgang“.

Zum Objekt, zum Ort

Das 1924 mit Elementen des Jugendstils und des Historismus errichtete Kino für rund 500 Personen wurde ab den 1980ern als Bar genutzt. Nach jahrelangem Leerstand soll der Bau nun zu einem neuen Kulturzentrum für die rund 15.000 Einwohner Eisenstadts werden. Die Stadt wurde 1925 Sitz der burgenländischen Landesregierung, 1981 als Hauptstadt in der Landesverfassung verankert. Gebrauchte Eigentumswohnungen kosten in guter/sehr guter Lage durchschnittlich 2200 Euro/m2.

Steht der Nutzungsplan, wird es eine öffentliche Ausschreibung geben, was die Renovierungs- und Umbauarbeiten betrifft, wobei sich da natürlich auch das Denkmalamt entscheidend einbringen wird. Wie es auch bei der Finanzierung helfen wird, und natürlich sollen „auch alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden“, wie Eder betont.
Die Eröffnung soll entweder 2024 oder 2025 erfolgen. Beide Daten hätten gute Bezugspunkte: 2024 wird das Kino hundert Jahre alt, 2025 feiert Eisenstadt seinen hundertsten Geburtstag als Stadt.

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