Expedition Europa

Keine maltesische Partei rührt am Abtreibungsverbot

Parlament in La Valetta, Malta.
Parlament in La Valetta, Malta.Imago images/Michler
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In Malta ist Abtreibung verboten. Ich wollte diese insulare Ausnahme verstehen und suchte die Führung der beiden Lager auf, Pro-Life und Pro-Choice.

Obwohl die gesellschaftspolitische Gesetzgebung ansonsten recht progressiv ist, ist und bleibt Abtreibung in Malta verboten. Ich wollte diese insulare Ausnahme verstehen und suchte die Führung der beiden Lager auf, Pro-Life und Pro-Choice. Ich fand zwei resolute ältere Damen. Jede warf der anderen Fakes oder Lügen vor. Einig waren sie sich in der Einschätzung der Kräfteverhältnisse: „Doctors for Life“ hatte 700 Mitglieder, während allenfalls nur 50 Ärzte für legale Abtreibungen eintraten, von denen nur drei oder vier ihre Namen preisgaben. Beide Damen stimmten darin überein, dass in Malta schon länger keine Frau mehr für eine vorgenommene Abtreibung verfolgt worden war. Ob die letzte Verfolgung Jahre oder Jahrzehnte zurücklag, war wiederum strittig.

In Valletta, über einem katholischen Devotionalienladen, aber „nicht mit der Kirche verbunden“, wenn auch mit „katholischer Lebensethik“ im Statut, fand ich die verwinkelten Altbaubüros von „Life Network“. Die Vorsitzende, Dr. Miriam Sciberras, war eine hagere Schmuckträgerin in hochgeschlossener Bluse, mit der nicht gut Kirschen essen war. Auf meine Frage, ob sie selbst Kinder habe, erntete ich ein so schroffes „Ja“, dass ich nicht weiter zu fragen wagte. Gerade das wäre interessant gewesen – laut ihrer Gegenspielerin hatte Dr. Sciberras neun Kinder. Den Trend zur Legalisierung von Abtreibung in Westeuropa und Lateinamerika erklärte sie unter anderem mit der Säkularisierung. Malta würde diesem Druck wegen der immer noch hohen Verwurzelung im Katholizismus standhalten, Maltesischsprachige besser als Englischsprachige.

Dr. Sciberras klagte an: „Zwei Leute gehen in eine Klinik, einer kommt dabei um – und sie nennen es eine medizinische Be-handlung.“ Abtreibung sei vielerorts eine „Frage der Bequemlichkeit“ geworden, „wir Menschen denken, wir hätten die Kontrolle über die absolute Wahrheit“.
Life Network betrieb ein Wöchnerinnenheim, in denen Frauen mit Konfliktschwangerschaften monatelang versorgt wurden: „Während der Lockdowns, als es keine Flüge gab, haben wir so viele Leben gerettet!“ Die Hälfte dieser Mütter seien Malteserinnen, die andere Hälfte meist aus „Abtreibungskulturen“ stammende Ausländerinnen. Sie beschrieb das Glück dieser Frauen, „sich in ihr Baby zu verlieben und zu heulen“. Sie sagte voraus, dass „wir Abtreibung eines Tages als das erkennen werden, was es ist – als Abschlachten von Unschuldigen.“ – „Werden Sie diesen Tag noch erleben?“ – „Das ist nicht wichtig. Auch Apartheid und Sklaverei waren einst legal, und die Menschen jener Zeit dachten, sie hätten ein Recht, Sklaven zu halten oder aufgrund von Hautfarbe zu diskriminieren. Eines Tages wird Abtreibung abgeschafft werden – wie die Sklaverei.“

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