Gegengift

Boykott ist selten wirksam und bei Büchern dubios

Soll man auf russische Dichter verzichten, weil in Moskau ein größenwahnsinniger Diktator herrscht? Bitte keine Zensur!

Seit dem erneuten Überfall der Sturmtruppen des Möchtegern-Sowjets Putin auf die Ukraine geht ein Gespenst um in Europa: „Boykottiert die russische Literatur!“, tönt es besonders laut aus dem vom Krieg verheerten Land. In diesen Chor der totalen Entsagung möchten aber selbst die traditionell zum Widerstand bereiten Klubs für die schönen Künste im Gegengift keinesfalls einstimmen. Das Machtmittel Zensur, die robustere Form solcher Denkungsart, haben sie einst auch Österreichs schärfstem Staatskanzler, Herrn Metternich, verübelt. Auf große DichterInnen, von Achmatowa bis Zwetajewa, werden sie freiwillig natürlich nie verzichten.

Wie kam es denn überhaupt zum Wort Boykott? Dazu muss man ins 19. Jahrhundert zurückgehen, in ein kleineres Land, das von einem größeren in der ersten Blüte des Kapitalismus besonders stark geknechtet wurde. Charles C. Boycott, Captain der britischen Armee, war ein böser Mann. Als Gutsverwalter tobte er sich in der irischen Grafschaft Mayo in seinem Spezialgebiet der Schinderei sogar für damalige Verhältnisse besonders exzessiv aus. Schließlich verweigerten sich ihm die Bauern total. Keiner wollte für ihn weiter arbeiten, niemand kaufte ihm etwas ab. Boycott verließ Irland.

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