Literatur

Jedes Bussi ist gefährlich

Monica Ali hat einen literarischen Arztroman geschrieben – Intrigen, Begierden und Verwicklungen aller Art inklusive.

Da wir alle krank werden können, genießt ärztliches Personal ein hohes Prestige – im realen Leben wie auch in der Literatur. In Groschenheften agieren fesche Ärzte wie sonst nur junge Adelige oder kernige Jäger als Sehnsuchtspersonal, aber auch in Romanen sind sie anzutreffen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich dabei eine gewisse Neigung zu Stereotypen einschleicht. Dieser Gefahr ist auch die 1967 in Bangladesch geborene und mit drei Jahren samt Familie nach England übersiedelte Monica Ali in ihrem Roman „Liebesheirat“ nicht ganz entgangen.

Ihre Rezeptur: Man nehme zwei junge Heilkörper aus sehr verschiedenen Familien und lasse sie eine Hochzeit planen. Da ist einmal die junge Medizinerin in Ausbildung (Gerontologie) Yasmin mit ihrer bengalischen Familie: Vater Shaokat Ghorami hat, aus ärmlichsten Verhältnissen stammend, ein Medizinstudium absolviert und erwartet das auch von seiner Tochter; die Mutter Anisah – aus reicher Familie – lebt nun als Heimchen am Herd nach strengen islamischen Regeln. Bei Küssen im TV schaltet sie gern das sündige Gerät ab. Zudem stiftet Yasmins jüngerer Bruder Arif, der Soziologie studiert, Verwirrung. Ist doch eine Frau aus der britischen Arbeiterschicht von ihm schwanger. Yasmin will den Gynäkologen Joe heiraten, Sohn der feministischen Allzweckpublizistin Harriet Sangster mit Vorliebe zu schrillem Aktionismus und Gefallen an der Rolle als Schnittlauch auf allen Kultursuppen. Hier kann man (muss aber nicht) an die feministische Autorin Germaine Greer („Der weibliche Eunuch“) denken, die gegen die Verfilmung von Monica Alis Debütroman „Brink Lane“ im Jahr 2007 als „zu rassistisch“ gewettert hatte. Ein kleines Revanchefoul ist ja erlaubt.

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