Gastbeitrag

Vorstandsvergütung zu wenig an Nachhaltigkeit orientiert

Börsenotierte Unternehmen haben Aufholbedarf bei Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten.

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Wien. Nachhaltiges Wirtschaften durch die Berücksichtigung sozialer, ökologischer und ökonomischer Belange sowie deren zunehmende Abbildung in der Unternehmensstrategie ist für börsenotierte Gesellschaften heutzutage relevanter und dringlicher denn je zuvor. Die Notwendigkeit einer solchen Ausrichtung ist nicht bloß das Resultat des gestiegenen Bewusstseins von Kunden, sondern vor allem der Akteure am Kapitalmarkt, wobei hier insbesondere institutionelle Investoren hervorzuheben sind.

Das ist auch der Grund dafür, warum das Thema Nachhaltigkeit im Vormarsch ist und auch vor der Vorstandsvergütung nicht haltmacht. Österreichische börsenotierte Gesellschaften sehen sich daher unausweichlich mit der Frage konfrontiert, wie sie bei der Festlegung der variablen Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder mit der Nachhaltigkeit umgehen sollen, um ihre Vergütungspolitik glaubwürdig dem Kapitalmarkt zu vermitteln.

Investoren machen Druck

Dass dies kein leichtes Unterfangen ist, versteht sich von selbst. Denn institutionelle Investoren geben sich längst nicht mehr bloß mit einer Koppelung der variablen Vorstandsvergütung an ein nachhaltiges, im Sinne von langfristiges oder dauerhaftes, Wachstum des Unternehmens zufrieden. Sie fordern vielmehr noch die Einbeziehung der Kriterien Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), kurz ESG-Aspekte, in die Vorstandsvergütung. Beispiele sind die Investition in Forschung und Entwicklung, Kundenzufriedenheit, Rohstoff- und Energieeffizienz sowie die Verbesserung der Corporate-Governance-Struktur, um dadurch die Nachhaltigkeitsleistungen der Unternehmen zu steigern.

Dieser Verständniswandel und das damit einhergehende Einfordern eines weiten Nachhaltigkeitsbegriffs gehen auf die neu abgefasste Aktionärsrechte-Richtlinie (AR-RL) zurück, die sich auch mit der Vorstandsvergütung börsenotierter Aktiengesellschaften befasst. Demnach soll die Nachhaltigkeit nicht bloß wie bisher aus einem zeitlichen, sondern darüber hinaus auch aus einem inhaltlichen (nicht-finanziellen) Blickwinkel, unter Einbeziehung von ESG-Aspekten, betrachtet werden. Diese Vorgabe der AR-RL aus ihrem Erwägungsgrund 29 findet sich auch im deutschen AktG abgebildet, demzufolge (ausschließlich) in börsenotierten Aktiengesellschaften die variablen Bezüge des Vorstands auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten sind.

Der österreichische Gesetzgeber setzte jedoch die von der AR-RL eingeforderte, auch inhaltliche Interpretation der Nachhaltigkeit mit dem Aktienrechtsänderungsgesetz (AktRÄG 2019) nicht um. Stattdessen ließ er die bestehenden Regelungen im AktG über die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung unverändert, die für alle Aktiengesellschaften gelten, und zwar unabhängig davon, ob diese börsenotiert sind oder nicht. Das österreichische AktG versteht daher weiterhin die Nachhaltigkeit bei allen Aktiengesellschaften bloß als Synonym für Langfristigkeit oder Dauerhaftigkeit. In diesem Sinn soll die variable Vergütung bloß ein langfristiges bzw. dauerhaftes Wachstum des Unternehmens belohnen, nicht kurzfristige Erfolge. Eine verpflichtende Ausrichtung des Bonus nach nicht-finanziellen Kriterien und insbesondere nach ESG-Kriterien kennt das AktG derzeit nicht.

Ungeachtet dessen empfiehlt immerhin die C-Regel 27 des Österreichischen Corporate Governance Kodex börsenotierten Gesellschaften, die variable Vergütung auch an das Erreichen nicht-finanzieller Kriterien zu knüpfen. Eine zwingende Berücksichtigung von ESG-Kriterien findet sich jedoch dort nicht. Auch wenn bisher also keine Verpflichtung zur Verknüpfung der Vorstandsvergütung mit Nachhaltigkeitszielen besteht, werden sich österreichische börsenotierte Gesellschaften dem nicht länger verschließen können, zumal gerade bei diesem Thema der Druck institutioneller Investoren im Hinblick auf eine freiwillige Selbstbindung immens wächst.

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