Leitartikel

Die EU wird den Ukraine-Krieg nicht mit Sanktionen beenden

Der Wunsch der Europäer, in den Konflikt entscheidend einzugreifen, ist zwar verständlich, doch er entspricht nicht den Realitäten auf dem Schlachtfeld.

Am Tag nach Russlands Überfall auf die Ukraine, als die EU-Außenminister in Brüssel fieberhaft versuchten, den Verteidigern Beistand zu leisten und dem Aggressor Paroli zu bieten, wurde Annalena Baerbock am Rande des Krisentreffens danach gefragt, welches Ziel die EU mit ihren Sanktionen verfolge. Ihre damalige Antwort war an Klarheit nicht zu überbieten: „Das wird Russland ruinieren.“ Die undiplomatische Eindeutigkeit der deutschen Chefdiplomatin mag der Dramatik der Lage geschuldet gewesen sein, doch Baerbocks Ansage ist im dritten Monat des Kriegs nach wie vor aktuell. Denn je länger die russische Invasion andauert und je größer das Leid, das Wladimir Putins Soldateska den Ukrainern zufügt, desto größer die Gefahr für die EU, sich zu über-, die Russen zu unter- und die Wirkung der Wirtschaftssanktionen falsch zu schätzen.

Um das Sanktionsinstrument ranken sich viele Mythen, von denen zwei besonders hartnäckig sind. Der erste Mythos besagt, dass Sanktionen abschrecken, der zweite handelt von ihrer sofortigen Wirkung. Dass sich die Europäer an diese Mythen klammern, ist angesichts der größten Gefahr seit 1945 verständlich – doch das ändert nichts daran, dass hier der Wunsch, dem Grauen möglichst sofort Einhalt zu gebieten, der Vater des Gedankens ist. Die EU wird den Ukraine-Krieg nicht mit Sanktionen beenden können. Und sollte sie das auf Biegen und Brechen versuchen wollen, könnten die Konsequenzen für die Union selbst verheerend sein.

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