Anzeige
Anzeige

Sinnvolle Ergänzung zur Impfstrategie

v. l. n. r. Sigrid Haslinger, Martin Brunninger,  Jan Oliver Huber,  Naghme Kamaleyan-Schmied, Christoph Steininger, Ulrike Mursch-Edlmayr, Bernhard Rupp und  Ina Herzer.
v. l. n. r. Sigrid Haslinger, Martin Brunninger, Jan Oliver Huber, Naghme Kamaleyan-Schmied, Christoph Steininger, Ulrike Mursch-Edlmayr, Bernhard Rupp und Ina Herzer.(c) Zukunft Gesundheit/APA/H�rmandi
  • Drucken

Event. In der ersten Auflage 2022 der Eventreihe „Zukunft Gesundheit” diskutierte ein hochrangiges Expertenpodium über die Integration antiviraler Covid-19-Therapien im Pandemiemanagement.

Unter den Experten ist unbestritten, dass die Impfung eine der wirksamsten Methoden ist, um Covid-19-Infektionen zu verhindern, Infektionsketten zu unterbrechen und damit schweren und tödlichen Krankheitsverläufen bereits im Vorfeld wirksam vorzubeugen. Es zeigt sich jedoch, dass auch geimpfte Personen schwer erkranken können, weshalb es wirksame Medikamente in der Akutbehandlung benötigt. Dazu zählen antivirale Therapien. Das Thema „Antivirale Covid-19-Therapien“ stand Anfang Mai bei der ersten Ausgabe des Jahres 2022 der Eventreihe „Zukunft Gesundheit“ im Fokus. Hochrangige Experten des österreichischen Gesundheitssystems diskutierten darüber, unter welchen Rahmenbedingungen antivirale Covid-19-Therapien eine Ergänzung zur Impfstrategie darstellen, um die negativen Auswirkungen zukünftiger Infektionswellen zu reduzieren. Jan Oliver Huber, Vorstandsmitglied der Karl Landsteiner Gesellschaft, zeigte sich in seiner Begrüßungsrede beeindruckt vom vorbildlichen Zusammenspiel der pharmazeutischen Industrie. Dadurch können effektive Innovationen entstehen, wie zum Beispiel die antiviralen Covid-19-Therapien.

Neue Möglichkeit nutzen

Christoph Steininger, Virologe an der Uniklinik für Innere Medizin I im AKH der MedUni Wien sowie Leiter des Karl Landsteiner Instituts für Mikrobiomforschung, beleuchtete in seiner Keynote-Rede die unterschiedlichen Instrumente der Pandemiebekämpfung. Beginnend mit den einfachsten Interventionen wie Abstand halten, FFP2-Masken usw. über Testungen, bauliche Maßnahmen und Quarantäne bis hin zu Impfungen, um Immunität herzustellen. „Antivirale Therapien sind ein wichtiger Bestandteil in der Pandemiebekämpfung“, bestätigt der Virologe. „Es gilt, diese so früh wie möglich einzusetzen und zu verabreichen.“

Zum besseren Verständnis: Unter antiviralen Medikamenten versteht man Arzneistoffe, die virostatisch, also „virushemmend“ oder virozid („viruszerstörend“) wirken. Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass die Mortalität durch antivirale Medikamente tatsächlich zurückgeht. „Von großer Bedeutung ist, dass man die Patienten mit erhöhtem Risiko treffsicher erreicht“, sagte Steininger. Testungen seien eine wesentliche Voraussetzung, um diese Medikamente zielgerichtet einzusetzen. Vor allem, da die Medikamente bestenfalls innerhalb von fünf Tagen nach der Infektion eingesetzt werden müssen. Ist das der Fall, nimmt die Schwere der Verläufe als auch die Infektiosität ab, weil die Viruslast bei Einnahme schnell sinkt.

Bessere Kommunikation

Obwohl diese Medikamente wissenschaftlich bewiesen helfen, schwere Verläufe für Risikogruppen zu vermeiden, sind antivirale Covid‑19-Therapien in der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt. Bei jenen Personen, die von diesen Therapien erfahren, herrscht hingegen eine große Nachfrage an diesen Medikamenten, beobachtet Naghme Kamaleyan-Schmied in ihrer Praxis. „Teilweise fehlt jedoch das Wissen über den richtigen Einsatz dieser Therapien.“ Es spiegle sich hier, was bereits in der Pandemie aufgefallen ist: Gerade Unwissenheit oder falsche Informationen tragen zur Verunsicherung der Patienten bei. Umso wichtiger sei eine deutlich bessere Kommunikation und Aufklärung.
Eine berechtigte Sorge ist, dass neue Therapien auch immer dazu beitragen könnten, dass die Impfbereitschaft der Bevölkerung sinkt. So stellt etwa Kamaleyan-Schmied fest, dass es vor allem die Impfgegner oder junge Menschen sind, die sich den Einsatz der antiviralen Medikamente wünschen. „Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, gerade wenn die Menschen verunsichert sind, benötigen sie kompetente Ansprechpersonen, die gesichertes Wissen weitergeben“, sagte Ulrike Mursch-Edlmayr von der Österreichischen Apothekerkammer. Sonst bestehe die Gefahr, dass sich die Menschen die Informationen über Quellen aneignen, bei denen nicht gesichert ist, dass die Inhalte seriös sind und die Informationen wahr oder falsch sind – Stichwort: Doktor Google.

Ärzte und Apotheker sind meist die ersten vertrauensvollen Ansprechpersonen für Menschen mit Gesundheitssorgen. Daher müssten dort die neuesten Informationen abrufbar sein. Bei der Integration neuer Therapien fordert Mursch-Edlmayr eine klare Kommunikation – sowohl zwischen den beteiligten Systempartnern, wie GECKO, Ärzteschaft/Hausärzte, Apotheken, Landessanitätsdirektionen, als auch an die allgemeine Öffentlichkeit. „Auch das Beste und Neueste an der Versorgung benötigt Evidenz und Struktur, an der sich die Vertragspartner orientieren können“, sagte Martin Brunninger, Leiter des Dachverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger.

Luft nach oben

An den Produkten sollte es nicht scheitern. In Österreich gibt es bereits eine Reihe von antiviralen Medikamenten. Einige davon sind von der EMA zugelassen, andere können auf Basis einer EMA-Empfehlung und eines von der österreichischen Behörde BASG/AGES MEA genehmigten „Compassionate Use Programme“ eingesetzt werden.
Der Bund hat viele dieser Medikamente eingekauft. Aber die Produkte werden im Lager gebunkert. Es sei ein österreichisches Phänomen, dass man nicht alle Medikamente einfach zugänglich im niedergelassenen Bereich einsetzt. Ziel muss es sein, dass niedergelassenen Ärzte alle zur Verfügung stehenden antiviralen Medikamente anwenden können, damit die richtigen Therapien bei den richtigen Risikopatienten besser angewendet werden können. In anderen europäischen Ländern würde das bereits geschehen. Dort kämen antivirale Therapien breit zum Einsatz.

Regionale Gesundheitsdienstleister, wie Apotheken, müssen ebenfalls ins Boot geholt werden. Bei gesundheitlichen Sorgen braucht es den niederschwelligen Zugang. Gleichzeitig ist wichtig, dass antivirale Therapien nicht nach dem Gießkannenprinzip verordnet werden. Man muss vor allem aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Die Verteilung der Medikamente an Covid-Risikopatienten im Laufe der Frühjahrswelle lief schleppend, merkte Mursch-Edlmayr an. Der größte Fehler lag in der Planlosigkeit. Es sei nicht klar gewesen, wie Patienten, die von diesen antiviralen Therapien profitieren könnten, zu diesen kommen. Erst recht, weil die Betroffenen in der Regel unter Quarantäne standen und weder Arzt noch Apotheke aufsuchen durften. Manche Bundesländer heben sich positiv ab. Z. B. wurden in Wien notwendige Medikamente nach Abklärung durch ein telemedizinisches Zentrum per Boten zugestellt und in Vorarlberg konnten sich Betroffene an spezielle Zentren wenden.

INFORMATION

Die Eventreihe „Zukunft Gesundheit“ wird von der Karl Landsteiner Gesellschaft in Kooperation mit MSD Österreich veranstaltet.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.