Morgenglosse

Das Prestige-Paradoxon

Der Regierung mangelt es an Projekten.
Der Regierung mangelt es an Projekten.APA/ROLAND SCHLAGER
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Je mehr Projekte die Regierung ins Ziel gebracht hat, desto mehr erlahmte ihr Betrieb.

Der folgende Satz mag jetzt im diametralen Widerspruch zur öffentlich-medialen Wahrnehmung türkis-grüner Arbeit stehen, aber: Es gab schon Regierungen, die haben in zwei Jahren wesentlich weniger weitergebracht, und zwar ganz ohne Megakrisen. Anders formuliert: Wenn Politik darin besteht, die Regeln unseres Zusammenlebens zu schmieden, hat Türkis-Grün mit Erneuerbaren-Ausbaugesetz, Klimaticket, Öko-Steuerreform oder der rechtlich wie gesellschaftspolitisch heiklen Umsetzung der höchstgerichtlich georderten Sterbehilfe-Erlaubnis grosso modo ganz ordentlich gehämmert.

Das Paradoxe daran: Je mehr Prestigeprojekte des Regierungsprogramms ins Ziel gebracht wurden, umso mehr erlahmte alles. Der Druck, einen politischen Abschluss zu erzielen um den Preis, dem Gegenüber einen Erfolg zu gönnen, er scheint allerorten perdu. So wurden etwa selbst am heutigen dritten Ibiza-Jahrestag noch immer keine legistischen Lehren aus dem zeithistorischen Gelage gezogen, obwohl es dabei um Vorhaben wie Mandatskauf geht, gegen die kein Mensch bei geraden Sinnen inhaltliche Einwände vorbringen könnte. Und die Liste der offenbar stillstehenden Baustellen lässt sich fortführen, Beispiele dafür existieren zuhauf: Automatisches Pensions-Splitting? Prinzipiell herrscht Einigkeit, ein Beschluss ist nicht in Sicht. Amtsgeheimnis-Aus? Detto. Klimaschutzgesetz? Völlige Funkstille. Ein ernüchterndes Zeugnis legt dieser Tage die schnöde Parlaments-Homepage ab: Gerade einmal acht Regierungsvorlagen liegen dort derzeit zur Begutachtung auf, es sind Kleinigkeiten. Und das in einer Zeit, in der man noch vor dem Sommer zu beschließende Projekte langsam aber sicher auf Schiene bringen müsste.

So können die zweieinhalb Jahre bis zum Ende der Legislaturperiode verdammt lang werden.

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