Ukraine-Krieg

Ukraine gibt mit Stahlwerk letzte Bastion in Mariupol auf

Dieses Foto vom russischen Verteidigungsministerium zeigt einen verletzten ukrainischen Soldaten, der auf einer Trage aus dem Stahlwerk gebracht wird.
Dieses Foto vom russischen Verteidigungsministerium zeigt einen verletzten ukrainischen Soldaten, der auf einer Trage aus dem Stahlwerk gebracht wird.APA/AFP/Russian Defence Ministry
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Rund 260 ukrainische Soldaten sollen aus dem seit Wochen belagerten Asow-Stahlwerk gebracht worden sein. Die nächsten Schritte für dessen „komplette Evakuierung" werden vorbereitet. Die Kämpfe im Land gehen indes auf breiter Front weiter.

Nach Monaten erbitterter Kämpfe um Mariupol gibt die Ukraine dort ihre letzte Bastion auf und überlässt damit russischen Truppen die Kontrolle über die weitgehend zerstörte Hafenstadt. Das ukrainische Militär kündigte am Dienstag an, eine komplette Evakuierung des Asow-Stahlwerks anzustreben. Laut Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk werden die nächsten Schritte bereits vorbereitet, ohne Details zu nennen. "So Gott will, wird alles gut", schrieb sie auf Telegram.

Die Anlage war zum Sinnbild für den Widerstand in Mariupol geworden, weil sich dort wochenlang ukrainische Kämpfer verschanzt hatten. Nachdem zuletzt bereits Zivilisten, die dort ebenfalls ausgeharrt hatten, in Sicherheit gebracht worden waren, folgten laut der Ukraine nun mehr als 260 Kämpfer. Über die Lage an der Front informierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij nach eigenen Angaben den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz. Russland-Sanktionen und das Streben der Ukraine in die EU waren demnach auch Themen.

„Ukraine braucht Helden, die am Leben sind"

In dem Stahlwerk sollen rund 600 Kämpfer ausgeharrt haben. Laut der ukrainischen Regierung wurden nun 211 in den Ort Oleniwka gebracht, der in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Donezk liegt. Vize-Verteidigungsministerin Anna Maljar erklärte, 53 verwundete Soldaten seien in ein Krankenhaus in der russisch kontrollierten Stadt Nowoasowsk gebracht worden. Für alle Evakuierten sei ein möglicher Gefangenenaustausch mit Russland vorgesehen.

"Wir hoffen, dass wir das Leben unserer Leute retten können", sagte Selenskij. "Die Ukraine braucht ukrainische Helden, die am Leben sind." In Nowoasowsk trafen fünf Busse mit ukrainischen Soldaten ein. Aus einem mit dem für russische Militärfahrzeuge typischen "Z" markierten Bus wurde auf einer Trage ein Mann hinaus transportiert, dessen Kopf dick mit Verband umwickelt war. In dem Bus lagen Verwundete auf Tragen in drei Etagen.

Die von Russland unterstützten Separatisten sprachen von 256 Kämpfern aus dem Stahlwerk, die "sich ergeben" hätten. 51 von ihnen seien verletzt. Die Evakuierung des Stahlwerks markiert nicht nur das Ende eines der bisher verlustreichsten Kämpfe des Kriegs, sondern auch einen symbolträchtigen Verlust für die Ukraine. Deren Soldaten haben zwar zuletzt Geländegewinne rund um Charkiw verzeichnet. Doch die Kämpfe gingen am Dienstag auf breiter Front weiter.

Angriffe im Donbass, auch westrussische Provinz unter Beschuss

So meldete das Büro von Präsident Selenskij massiven Dauerbeschuss der gesamten Frontlinie rund um Donezk, sowie Raketenangriffe in der Region Tschernihiw. Russische Attacken gab es demnach auch rund um die Hauptstadt Kiew sowie bei Lwiw (Lemberg) im Westen nahe der polnischen Grenze. Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete unter Berufung auf das Moskauer Verteidigungsministerium, bei Lwiw seien Waffenlieferungen der USA und aus Europa getroffen worden.

In der westrussischen Provinz Kursk an der Grenze zur Ukraine geriet unterdessen nach Angaben der Behörden ein Dorf unter ukrainischen Beschuss. Russische Grenzsoldaten hätten das Feuer erwidert, um den Beschuss zu stoppen. Informationen zum Kampfgeschehen können oft unabhängig nicht bestätigt werden.

(APA/Reuters)

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