Der Block mit engen Verbindungen in den Iran erringt laut vorläufigem Endergebnis 62 von 128 Sitzen. Eine Protestbewegung übertraf mit 13 Mandaten ihre Erwartungen.
Bei der Parlamentswahl im krisengeschüttelten Libanon haben die schiitische Hisbollah und ihre Verbündeten ihre Mehrheit verloren. Dem vorläufigen Endergebnis von Dienstag zufolge kommen sie zusammen nur noch auf 62 von 128 Abgeordneten. Vertreter der oppositionellen Protestbewegung gewannen 13 Sitze - deutlich mehr als erwartet. Auch andere Hisbollah-Gegner legten zu. Sie wollen das Machtmonopol der Partei brechen, die in dem Mittelmeerland seit Jahrzehnten regieren.
Die Bildung einer Regierung dürfte schwierig werden. Beobachter warnen, die Hisbollah könnte wie früher schon Gewalt androhen, um ihre Ziele durchzusetzen. Die eng mit dem Iran verbündete Hisbollah gilt als einflussreichste politische Kraft im Libanon. Ihre Macht stützt sich unter anderem auf ihre eigene Miliz, mit der sie ganze Gebiete kontrolliert, darunter die Grenze zu ihrem Erzfeind Israel.
Bei der Parlamentswahl am Sonntag konnte die Hisbollah selbst die Zahl ihrer Sitze in etwa halten. Mehrere ihrer Partner verloren aber Mandate. Bei der Abstimmung 2018 kam der Hisbollah-Block noch auf 71 Abgeordnete.
Traditionell konfessionelle Blöcke
Zulegen konnte auch die Partei des ehemaligen christlichen Milizenkommandanten Samir Geagea, einem der schärfsten Hisbollah-Kritiker. Sie nimmt für sich jetzt in Anspruch, stärkste christliche Kraft in dem multikonfessionellen Land zu sein.
Das Ergebnis sei ein "Rückschlag" für die Hisbollah, sagte der libanesische Analyst Sami Nader. "Drastische Veränderungen" erwarte er aber nicht. Die Hisbollah und ihre Verbündeten könnten weiter Entscheidungen blockieren und für eine "iranische Agenda" arbeiten.
Das politische System des Libanon ist bestimmt durch ein fragiles Gleichgewicht zwischen den Konfessionen. Das Staatsoberhaupt ist immer ein Christ, der Regierungschef ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Auch andere wichtige Positionen werden nach einem konfessionellen Proporz vergeben.
Stimmenkauf weit verbreitet
Wahlbeobachter bemängelten Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung. So berichtete die EU-Delegation von einer weit verbreiteten Praxis des Stimmenkaufs. Das Wahlgeheimnis sei nicht immer gewahrt gewesen.
Der Libanon leidet unter der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Nach UNO-Angaben leben drei Viertel der Bevölkerung mittlerweile unter der Armutsgrenze. Die Währung hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren. Das Land kann Schulden nicht mehr zurückzahlen. Es war die erste Parlamentswahl seit der Explosionskatastrophe im Hafen der Hauptstadt Beirut im August 2020. Damals kamen mehr als 190 Menschen ums Leben.
(APA)