Flexibles Arbeiten

Wie Home-Office Arbeitnehmer und Chefs entzweit

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Bei Apple kündigte ein hochrangiger Mitarbeiter, weil er wieder ins Büro zurückkehren sollte. Kein Einzelfall, wie Umfragen zeigen. Home-Office wird zur Grundbedingung für Arbeitnehmer, Unternehmer warnen.

Der Apple Park, das Hauptquartier des iPhone-Konzerns, sollte wieder mit Leben gefüllt werden. Nach zweieinhalb Jahren andauernder Pandemie sollten die Mitarbeiter zumindest an drei Tagen der Woche wieder im Büro arbeiten. Ian Goodfellow, Leiter der Machine-Learning-Abteilung, kritisierte die strikte Richtlinie und zog die Konsequenzen: Er verließ das Unternehmen und wird Bloomberg zufolge zum größten Mitbewerber wechseln: Google. Allerdings wird Home-Office nicht nur bei Apple zu einer der größten Herausforderungen.

Weltweit haben viele Arbeitnehmer in der Pandemie die Vorzüge von Home-Office zu schätzen gelernt. In Österreich führen 47 Prozent der Arbeitsuchenden Home-Office als Voraussetzung an, wie eine Umfrage des Jobvermittlungsportals karriere.at aufzeigt. In Großbritannien gibt ein Viertel sogar an, lieber zu kündigen, als wieder ins Büro zurückzukehren.

Zurück zu Apple: Goodfellow ist im Silicon Valley bestens bekannt und einer der führenden Forscher in seinem Bereich. Dass er nun nach drei Jahren wieder zu Google zurückkehrt, wo er bis 2019 als Senior Researcher tätig war, ist für Apple also ein großer Verlust.

Wohl auch deswegen und aufgrund der wieder ansteigenden Corona-Infektionszahlen in den USA hat Apple die "Zurück ins Büro"-Pläne nun wieder auf Eis gelegt. Die Proteste der Mitarbeiter hatte die Geschäftsführung bei Apple bis dahin nämlich ignoriert. In Slack-Umfragen und Offenen Briefen drückten sie ihren Unmut über die Rückkehrpläne und die sukzessive Abschaffung des Home-Office aus. Apples Reaktion: Sie schloss die Slack-Kanäle und versuchte damit diese Diskussion zu unterbinden.

Home-Office wird zur Bedingung für Arbeitnehmer

Doch nicht nur bei Apple formiert sich Widerstand gegen die Pläne der Konzernführung, wieder in die Büros zurückzukehren. In einer Umfrage des Jobportals Karriere.at, ist für 47 Prozent der Arbeitsuchenden Home-Office eine Grundbedingung. 63 Prozent der 1000 Befragten gaben an, dass sie mit räumlich flexiblen Arbeiten gute bzw. sehr gute Erfahrungen machten.

"Aus diesem Grund sind ihre Erwartungen an Arbeitgeber*innen in diesem Bereich entsprechend hoch", so der CEO der Plattform, Georg Konjovic. Durch Corona und die Digitalisierung habe das flexible Arbeiten zugenommen, es habe sich aber noch nicht in allen Betrieben durchgesetzt.

Es gibt noch viele Firmen, die Home-Office nicht anbieten. 43 Prozent der Befragten haben in ihrem Unternehmen kein Angebot, das Heimbüro oder eine andere Form des hybriden Arbeitens wie Shared Desks oder Kreativ- und Kollaborationszonen zu nutzen. So gibt es Home-Office nur bei der Hälfte (51 Prozent) der Befragten.

Nur rund ein Viertel der Beschäftigten hat der Umfrage zufolge die Möglichkeit, mobil - also ortsunabhängig - zu arbeiten. Geteilte Arbeitsplätze in Form von Shared Desks haben nur 12 Prozent. Andere Formen des hybriden Arbeitens wie Kreativzonen stehen nur 7 Prozent zur Verfügung.

Britische Unternehmen warnen vor Home-Office

Home-Office ist gekommen, um zu bleiben. Zumindest zeigt das eine weltweit durchgeführte Umfrage der Work From Home Research (WFH) unter Arbeitnehmern. Knapp ein Viertel der Befragten gibt an, lieber zu kündigen als wieder Vollzeit ins Büro zurückzukehren. Das sagt knapp ein Viertel der britischen Arbeitnehmer, gefolgt von Australien, Kanada, Ungarn und den Niederlanden. Österreich landet hier an 14. Stelle, mit knapp 13 Prozent.

Unterdessen zeigen andere Daten von WFH Research, das von einer Reihe von US-Universitäten, darunter Stanford, betrieben wird, dass Briten im Durchschnitt etwa zwei Tage pro Woche zu Hause arbeiten möchten. Dies entspricht in etwa der Anzahl der Tage, die die Befragten laut WFH Research derzeit von zu Hause aus arbeiten – im Durchschnitt rund 1,93 Tage. Damit liegt Großbritannien über dem Weltdurchschnitt von 1,43 Tagen; aber hinter Singapur, wo die Menschen durchschnittlich 2,4 Tage pro Woche zu Hause arbeiten, sowie Malaysia mit 2,1 Tagen, Australien mit 1,97 Tagen pro Woche und Kanada mit 1,93 Tagen pro Woche.

Britische Arbeitgeber kritisieren die Forderungen und warnen vor anhaltenden Auswirkungen durch das Home-Office. Rückendeckung bekommen sie von Premierminister Boris Johnson, der in der Rückkehr in die Büros auch eine Steigerung der Produktivität sieht. Primär würde es aber die britischen Städte und Innenstädte wiederbeleben, wovon die Wirtschaft abhängig sei. Kürzlich ließ der in Großbritannien bekannte Unternehmer und Gründer von "Phones4U" John Caudwell aufhorchen. Er bezeichnete Home-Office als "Katastrophe für die britische Wirtschaft". Caudwell kritisierte zudem ein „wachsendes Anspruchsdenken seitens der Arbeitnehmer“, die seiner Meinung nach glaubten, dass Arbeitsplätze „zu ihrer eigenen Bequemlichkeit existieren und nicht, um Kunden oder der Öffentlichkeit zu dienen“.

Britische Gewerkschaften stellen dem entgegen, dass "Arbeit kein Ort mehr ist, sondern das, was getan wird".

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