Der ukrainische Präsident appellierte bei der Festivaleröffnung an die Filmwelt – und zitierte „Apocalypse Now“ und „Der große Diktator“.
Bei den Oscars ließ man ihn nicht, in Cannes durfte er nun sprechen: Am Dienstagabend erschien Wolodymyr Selenskij bei der Eröffnungsgala des wichtigsten europäischen Filmfestivals per Liveschaltung auf der Leinwand des Grand Théâtre Lumière, um die anwesende Prominenz in die Pflicht zu nehmen. Dabei geizte der einst selbst im Filmgeschäft tätige ukrainische Präsident nicht mit cineastischen Anspielungen und direkten Filmzitaten, um die kritische Lage seines Landes nachdrücklich und publikumskonform zu verdeutlichen.
Das, was wir alle aus etlichen (Kriegs-)Kinoklassikern kennen, so Selenskij sinngemäß, sein nun in der Ukraine bittere Realität. Robert Duvalls monströs martialische Rede aus „Apocalypse Now“ („Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen“) geriet bei ihm zum grausamen Fanal für den Raketenbeschuss am Anfang des russischen Angriffskrieges. Ein schmerzlich ironisches Aperçu, das der von Adrien Brody gespielte polnisch-jüdische Musiker Władysław Szpilman in Roman Polanskis „Der Pianist“ zum vorauseilenden Gehorsam seiner Landsleute formuliert („Die wollen bessere Nazis sein als Hitler“), diente Selenskij für einen Vergleich zwischen den Vollstreckern von Putins Aggression und den deutschen Invasoren während des Zweiten Weltkriegs.