Kriegsverbrechen

Russischer Soldat bittet vor Gericht um "Vergebung", Staatsanwaltschaft fordert lebenslang

Der erste russische Soldat, der wegen Kriegsverbrechen vor Gericht steht, hat die Tötung eines unbewaffneten Zivilisten gestanden.

Im ersten ukrainischen Kriegsverbrecher-Prozess hat die Staatsanwaltschaft lebenslängliche Haft für einen angeklagten russischen Soldaten wegen Ermordung eines unbewaffneten Zivilisten gefordert. Die staatliche Anklage sehe den Tatbestand des Kriegsverbrechens und des Mordes erfüllt, berichteten örtliche Medien am Donnerstag aus dem Gericht. Am Vortag hatte der 21 Jahre alte Verdächtige die Tat zum Prozessauftakt gestanden und beschrieben.

"Dort war ein Mann, der per Telefon redete. Fähnrich Makejew befahl zu schießen", führte der Soldat aus. Nach einer ersten Weigerung habe er einen kurzen Feuerstoß aus seinem Sturmgewehr abgegeben. "Ich weiß, dass Sie mir nicht vergeben können, aber ich bitte dennoch um Vergebung", sagte der 21-Jährige am Donnerstag bei der Verhandlung in Kiew zu der Frau des getöteten Zivilisten.

Das 62-jährige Opfer wurde wenige Meter von seinem Haus im Dorf Tschupachiwka getötet. Die mit einem gestohlenen Fahrzeug in Richtung Russland fahrende Gruppe aus fünf Soldaten hatte dem Geständnis zufolge befürchtet, an die ukrainischen Streitkräfte verraten zu werden.

Die Witwe des Opfers hatte ebenfalls lebenslängliche Haft für den Soldaten gefordert. "Doch wenn er gegen einen von unseren Mariupoler Verteidigern ausgetauscht wird, dann bin ich nicht dagegen", sagte sie vor Gericht. Aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol haben sich Hunderte ukrainische Kämpfer in russische Gefangenschaft begeben.

Weltweites Entsetzen über Gräueltaten

Russland führt seit knapp drei Monaten einen Angriffskrieg gegen den Nachbarn. Aus den nordöstlichen Gebieten Kiew, Tschernihiw und Sumy haben sich die russischen Truppen inzwischen zurückgezogen. Nach ihrem Abzug lösten Berichte über russische Gräueltaten weltweit Entsetzen aus.

Russland weist den Vorwurf der Kriegsverbrechen grundsätzlich von sich und beschuldigt im Gegenzug die Ukraine, russische Gefangene zu misshandeln und unter Druck zu setzen. Menschenrechtler fordern beide Seiten immer wieder auf, die Rechte der Kriegsgefangenen zu wahren.

(APA/AFP)

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