Morgenglosse

Kneissl und Schröder – zwei wie Pech und Schwefel

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FILES-AUSTRIA-RUSSIA-UKRAINE-CONFLICT-DIPLOMACY-JEWELLERYAPA/AFP/JOE KLAMAR
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Sie fühlten sich lange stark an Putins mächtiger Seite, nun als Opfer einer Weltverschwörung. Wie viel kann man ausblenden?

Die eine fühlt sich als politischer Flüchtling in Südfrankreich, der andere als Aussätziger in Berlin. Karin Kneissl und Gerhard Schröder halten dem mächtigen russischen Präsidenten Wladimir Putin noch immer die Treue. Das könnte vielleicht sogar als Tugend durchgehen, würde diese Treue nicht mit gutdotierten Aufsichtsratsposten belohnt werden und ihr Freund mittlerweile ein Kriegsverbrecher sein.

Was die beiden unterschiedlichen Ex-Politiker, die ehemalige FPÖ-Außenministerin und den ehemaligen SPD-Kanzler, heute zusammenhält wie Pech und Schwefel, sind ihr Schicksal und ihre Sturheit, mit der sie den brutalen Angriffskrieg ihres Proteges in der Ukraine verdrängen. Kein Wort verlieren sie zu dessen völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Verbrechen.

Wenn nun das Europaparlament fordert, die beiden auf die Sanktionsliste der EU zu setzen und Schröder sein aus Steuergeldern bezahltes Büro als Altkanzler verliert, ist kein Mitleid angebracht. Die beiden hatten ausreichend Zeit, sich zu überlegen, ob sie durch ihre Arbeit helfen, einen brutalen Krieg mitzufinanzieren oder doch Konsequenzen ziehen.

Welche Verschwörungstheorie, welche krause Idee Kneissl und Schröder noch davon abhält? Niemand weiß es. Sehen sie die Bilder aus Mariupol aus den vielen zerstörten Städten nicht oder sind sie bereits ganz und gar in der Propagandamaschinerie des Kreml eingebettet? Hannah Arendt, würde sie noch leben, hätte eine Freude, die beiden als jene Mitläufer zu identifizieren, die für so viel Leid auf der Welt mitverantwortlich sind – weil sie wegsehen und gleichzeitig im Sinne des Despoten noch immer funktionieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2022)

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