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Energie- und Klimapolitik

Masterplan für die Energiewende fehlt komplett

IV OÖ-Vizepräsident F. Peter Mitterbauer kritisiert, dass den vielen Ankündigungen zur erneuerbaren Energiewende keine wirkungsvollen Taten folgen.
IV OÖ-Vizepräsident F. Peter Mitterbauer kritisiert, dass den vielen Ankündigungen zur erneuerbaren Energiewende keine wirkungsvollen Taten folgen.(c) Matthias Witzany
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Energie- und Klimapolitik. IV OÖ-Vizepräsident F. Peter Mitterbauer sieht den Wirtschaftsstandort gefährdet, wenn das Land bei der erneuerbaren Energie nicht bald in Umsetzung kommt.

Der Ökostrom wächst nicht auf den Bäumen – das sind die bewusst überspitzt formulierten Worte, die F. Peter Mitterbauer, IV OÖ-Vizepräsident und Chef des Industrie- und Technologieunternehmens Miba AG, über die Lippen kommen, wenn man ihn zur Zufriedenheit mit der aktuellen Energie- und Klimapolitik der österreichischen Regierung befragt. „Die Industrie steht an der Startlinie und wartet ungeduldig auf den Startschuss.“ Bloß, der will nicht fallen. „Es gibt zahlreiche Ankündigungen und Ansagen, beispielsweise über den Ausbau von erneuerbarer Energie, aber wir vermissen den Masterplan bzw. ersten Schritt in Richtung Umsetzung.“

Was muss die Politik konkret tun? Bei der Energieversorgung kommt es auf das „Dreieck“ aus Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit an. „Ein Turbo bei den Genehmigungsverfahren ist dringend notwendig“, sagt Mitterbauer. „Wichtige Infrastrukturprojekte dürfen nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.“ Egal ob Windkraft, Wasserkraft, Stromleitungen oder Stromspeicher – das Problem ist immer das Gleiche: Genehmigungsprozesse erstrecken sich über viele Jahre. „Wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht schneller werden, sehe ich schwarz. Es wird zwar über eine UVP-Novelle diskutiert, aber die bisherigen Entwürfe und Maßnahmenpakete sind entweder unzureichend oder realitätsfern“, sagt Mitterbauer, der befürchtet: „Die Diskrepanz wird immer größer und es besteht die Gefahr, dass all das, was unsere Stromnetze derzeit stabil hält, in Zukunft wegbricht.“

Während viele EU-Nachbarländer auf Atomenergie oder Kohlekraftwerke zurückgreifen können, um die Versorgungssicherheit zu garantieren, ist Österreich abhängig von außen. „Ich verstehe schon, dass gerade aus dem Grund die Stimmen nach mehr erneuerbarer Energie lauter werden, um nicht mehr so abhängig zu sein, aber da sind wir wieder bei der Ausgangssituation, dass Ökostrom nicht auf den Bäumen wächst.“
Hier lobt Mitterbauer Deutschlands neue Koalition, wo im Wirtschaftsministerium im Hintergrund konkret an einem Masterplan gearbeitet wird. „Das würde ich mir auch für Österreich wünschen.“

Harakiri-Aktion

Beim stabilen Stromnetz, das wegbrechen könnte, denkt Mitterbauer natürlich auch an Erdgas. Es ist der wichtigste Energieträger der österreichischen Industrie und für die Stromerzeugung in Österreich von hoher Bedeutung. Bisher war Russland ein verlässlicher Partner und das russische Gas unschlagbar günstig. Aber aufgrund des Ukraine-Krieges steigt das Risiko eines Gas-Stopps aus Russland. „Österreich hat auch in absehbarer Zeit keine Alternative zu russischem Erdgas.“ Kurzfristig ist diese Energiemenge nicht ersetzbar, auch ein schneller Umstieg auf Flüssigerdgas (LNG) ist nicht möglich. Der Gasbezug Österreichs muss mittelfristig breiter diversifiziert werden.

Zur Person

F. Peter Mitterbauer, geboren 1975, ist seit 2020 Vizepräsident der Industriellenvereinigung. Bereits seit 2016 fungiert er als Vizepräsident in der IV OÖ. Mitterbauer studierte Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau an der Technischen Universität Wien und absolvierte seinen MBA bei INSEAD (Frankreich und Singapur). F. Peter Mitterbauer führt das Familienunternehmen Miba in der dritten Generation und ist seit 2013 Vorsitzender des Vorstandes der Miba AG in Laakirchen.

Mitterbauer hält ein Gasembargo für einen strategischen Fehler. Einerseits, weil die Wirkungen dieser Sanktionen nicht sehr groß wären, weil Russland den Großteil der Einnahmen mit Öl macht. Erdgas nimmt nur einen geringen Anteil ein. Außerdem würde Russland den Entgang aus Europa mit anderen Ländern ausgleichen, wie zum Beispiel Indien oder China. Vor allem erwartet Mitterbauer bei einem Gas-Stopp aus Russland eine Negativspirale für den Wohlstand in Österreich. „Wenn die Industrie nicht produzieren kann, funktionieren sämtliche Lieferketten nicht mehr. Ohne Stahl gibt es dann auch z. B. keine Autoproduktion mehr, ohne Papier keine Verpackungen für Lebensmittel oder Medikamente, ohne Zement keinen Bau usw.“ Auch eine Massenarbeitslosigkeit ist dann nicht mehr auszuschließen. Betroffen sind nicht nur energieintensive Betriebe. Das demonstriert Mitterbauer am eigenen Unternehmen. „Miba ist nicht besonders energieintensiv, aber auch wir haben Fertigungsprozesse, die Gas benötigen und wenn das ausbleibt, steht die Produktion.“

Bitter wäre der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie nicht nur für die heimische Wirtschaft, sondern für den globalen Klimaschutz. Denn Österreich ist ein exportorientiertes Land, das bei der Herstellung und den Produkten an der Spitze der Umweltfreundlichkeit steht. Könnten diese Firmen nicht mehr produzieren, würden die Produkte in anderen Ländern mit großer Wahrscheinlichkeit weniger klimafreundlich hergestellt werden.

Ins Machen kommen

Die Industriellenvereinigung hat zehn Leitlinien zur Bewältigung der Energiekrise vorgelegt. Einer der Punkte spricht sich gegen weitere Steuerbelastungen aus. Keinesfalls darf es zu neuen Belastungen bei den geplanten energiepolitischen Gesetzesvorhaben kommen, wie etwa beim Klimaschutzgesetz oder dem Energieeffizienzgesetz. „Wenn österreichische Unternehmen im Vergleich zu den globalen Mitbewerbern mit mehr Belastungen zu kämpfen haben, schrumpft die Wettbewerbsfähigkeit“, stellt Mitterbauer klar. In einem schleichenden Prozess könnte dann sogar ein Abwandern der Betriebe ins Ausland erfolgen. „Diese Auswirkungen würde man erst über die Zeit hinweg feststellen und dann wird es schwer, diese Betriebe wieder zurückzuholen.“ Statt Belastungen fordert die IV in ihren Leitlinien Steuerentlastungen. „Die kalte Progression ist eine versteckte Steuererhöhung und damit mehr Netto vom Brutto bleibt, müsste sie abgeschafft werden“, so Mitterbauer.

oberoesterreich.iv.at

Information

Das Interview mit F. Peter Mitterbauer wurde finanziell unterstützt von der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ).


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