Jubiläum

Gesundheitsdaten revolutionieren Medizin

vlnr. Dirk Uebelhoer (Roche Diabetes Care Austria), Corinna Milborn (Puls4), Susanne Erkens-Reck (Roche Austria), Nicola Bedlington (EPF), Gesandte Barbara Schedler Fischer, Sven Gábor Jánszky (2b AHEAD ), Uta-Maria Ohndorf (Roche Diagnostics), Markus Müller (MedUni Wien), Nikolaus Forgó (Uni Wien).
vlnr. Dirk Uebelhoer (Roche Diabetes Care Austria), Corinna Milborn (Puls4), Susanne Erkens-Reck (Roche Austria), Nicola Bedlington (EPF), Gesandte Barbara Schedler Fischer, Sven Gábor Jánszky (2b AHEAD ), Uta-Maria Ohndorf (Roche Diagnostics), Markus Müller (MedUni Wien), Nikolaus Forgó (Uni Wien).(c) Reza Sarkari
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Jubiläum. In der Schweizerischen Botschaft feierte Roche 125-jähriges Bestehen mit einem Ausblick auf die Zukunft der Medizin, die mithilfe von Daten und KI einen Paradigmenwechsel erleben wird.

Prunkvoll in unmittelbarer Angrenzung zum Wiener Belvedere, lud das renommierte Pharmaunternehmen aus Basel in die Schweizer Residenz zu „125 Jahre Roche“ unter dem Motto: „Gemeinsam in die Zukunft der Medizin“. Im Jahr 1896 erkannte Fritz Hoffmann-La Roche in Basel, dass die industrielle Herstellung von Arzneimitteln einen riesigen Fortschritt im Kampf gegen Krankheiten bedeuten würde und gründete das Traditionsunternehmen am Rhein im Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Frankreich. Heute ist Roche ein globales Lifescience-Unternehmen mit über 100.000 Beschäftigten in rund 100 Staaten. Roche hat sich insbesondere durch Biotech und Diagnostika zu einem der größten und innovativsten Player weltweit entwickelt.

Gesandte Barbara Schedler Fischer begrüßte die rund 50 geladenen Jubiläumsgäste, unter ihnen Susanne Erkens-Reck, General Manager der Pharma-Sparte von Roche in Österreich, Uta-Maria Ohndorf, General Manager der Diagnostik-Sparte von Roche in Österreich, und Dirk Uebelhoer, Head of Cluster Central and Eastern Europe & General Manager der Roche Diabetes Care Schweiz AG. In einem Rückblick auf die Erfolgsgeschichte von Roche sagte Erkens-Reck: „Roche war immer schon Vordenkerin und investierte viel Zeit in Innovationen, um die Gesundheit der Menschen zu fördern.“ Passend dazu hielt man sich beim Get-together in der Schweizerischen Botschaft nicht lange mit der Vergangenheit auf, sondern blickte lieber in die Zukunft.

Einerseits waren die technologischen Möglichkeiten in der Medizin noch nie größer als im Zeitalter der Digitalisierung. „Die neueste Generation bahnbrechender Medikamente ebnet den Weg zu einer personalisierten globalen Gesundheitsversorgung“, so Erkens-Reck. Zudem hat uns die COVID-19-Pandemie gelehrt, dass wir mit der Digitalisierung viel schneller und effizienter auf globale Herausforderungen reagieren können. „Diese Expertise aus Therapie und Diagnostik können wir seitens der Industrie in die digitale Transformation des Gesundheitswesen einbringen“, ergänzt Uta-Maria Ohndorf, General Manager Roche Diagnostics GmbH.

Andererseits gibt es viele Hindernisse zu überwinden, um das Potenzial von Big Data auszuschöpfen. „Um auf dem Gebiet der medizinischen Forschung Leader in Europa zu sein, müssen wir Innovationen schneller zu den Patientinnen und Patienten bringen“, sagte Erkens-Reck und blickte etwa auf das Verbesserungspotenzial für klinische Studien zur Erforschung von Sicherheit und Wirksamkeit von Therapien. „Klinische Studien werden heute vorwiegend mit sehr spezifisch ausgewählten Patient:innen durchgeführt. In der medizinischen Behandlungsroutine gewonnene Gesundheitsdaten führen mit weniger Aufwand und viel schneller zu exakten Prognosen über den Erfolg einer Therapie.“ Dieser Nutzen müsse den Menschen verständlich erklärt und niederschwellig zugänglich gemacht werden. „Den Nutzen von Gesundheitsdaten haben Patient:innen eigentlich erkannt. Denn bereits jetzt nutzen sie Gesundheitsanwendungen, mit denen sich Erkrankungen einfach und diskret am Smartphone beobachten lassen. Diese Entwicklung sehen wir im Diabetes-Bereich seit Jahren“, unterstreicht Dirk Uebelhoer, Head of Cluster Central and Eastern Europe & General Manager Roche Diabetes Care Austria GmbH.

Puls4-Info-Chefin Corinna Milborn interviewte Nicola Bedlington (European Patient Forum).
Puls4-Info-Chefin Corinna Milborn interviewte Nicola Bedlington (European Patient Forum).(c) Reza Sarkari

Echtzeitdaten sind essenziell

Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky zeigte in seiner Keynote sehr eindrucksvoll, wohin die Reise der Innovationen in den nächsten Jahrzehnten gehen könnte und welcher Paradigmenwechsel in der Diagnostik, Therapie und Prävention bevor steht. Der Top-Speaker leitet eines der größten Zukunftsforschungsinstitute Europas 2b AHEAD in Leipzig. Spricht er mit erfolgreichen Strategie-Chefs und Entscheidungsträgern führender Firmen, eint alle das Vertrauen in den Fortschritt der Technologie anhand von Daten und künstlicher Intelligenz. Schon in wenigen Jahrzehnten wird uns diese Weiterentwicklung ermöglichen, dass der Mensch über 100 Jahre alt wird – oder digital sogar „unsterblich“. Etwa, indem über KI-Technologie „Brain-Uploading“ möglich wird. Damit aus Utopie Realität wird, müssen mehrere KI- und Gesundheitstechnologien zusammenfinden, womit sich dann Vorhersagen aufgrund von neuen und historischen Daten erzielen lassen – eine sogenannte „predictive economy“. „Die Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass sich das Vertrauen der Menschen verändert. Sie vertrauen der KI mehr als Menschen, sogar mehr als sich selbst“, sagte Jánszky. Zum Beispiel, weil KI bei der Krebsdiagnose in Zukunft schneller und verlässlicher sein wird als jeder Arzt. „Bei Daten denken viele an statische Daten, aber digitale Unternehmen arbeiten heute vorwiegend mit Echtzeitdaten.“ Die USA und Asien seien hier weiter als Europa. „Die DSGVO bremst“, meinte Jánszky.

Medizin wird adaptiv

Früher oder später wird der Paradigmenwechsel in der Medizin erfolgen. In der Prognose-Medizin werden Symptome erkannt, bevor der Mensch erkrankt. In einem weiteren Schritt würde nach Ansicht des deutschen Zukunftforschers die adaptive Medizin stehen. Auf Basis genetischer Daten und mithilfe künstlicher Intelligenz können Menschen in der Präzisionsmedizin der Zukunft gezielt und individuell behandelt werden. Ein Beispiel: Die Genanalyse ermittelt in Echtzeit den „Bakterienmix“ im Darm eines Anwenders und sendet das Ergebnis aufs Smartphone. Bei Defiziten ermittelt ein Code das entsprechende „medical food“, das per 3D-Food-Printer ausgedruckt vor Auftreten von Krankheiten präventive Effekte erzielt.

Verantwortung fördern

Höhepunkt des Get-together anlässlich 125 Jahre Roche bildete eine spannende Podiumsdiskussion, bei der Puls4-Info-Chefin Corinna Milborn namhafte Experten begrüßte: Nicola Bedlington, ehemalige Generalsekretärin des European Patients Forum (EPF), Markus Müller, Rektor Medizinische Universität Wien, Nikolaus Forgó, Vorstand Institut für Innovation und Digitalisierung im Recht an der Universität Wien, Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky und Florian Frauscher, Sektionschef im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.
„Schwer erkrankte Patientinnen oder Patienten sind eher bereit, ihre Daten zu teilen, vorausgesetzt, dass der Umgang mit Daten verantwortungsvoll ist“, sagte Bedlington. „Erkrankte erhoffen sich Lösungen für sich selbst und für zukünftige Generationen. Sie sind daran interessiert, die Gesundheitssysteme auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu beeinflussen.“ Gleichzeitig müssen Datensicherheit und Datenschutz der heilige Gral sein. „Denn die Risiken, dass Daten in die falschen Hände geraten, sind enorm.“ Das weiß Bedlington aus ihrer Zusammenarbeit mit zahlreichen Dachorganisationen in Europa. Das Europäische Patientenforum arbeitet am Aufbau von Vertrauen für einen verantwortungsvollen Datenaustausch. „Der verantwortungsbewusste Datenaustausch ist von großem Wert für die Medizin der Zukunft“, ist die Expertin überzeugt.

Markus Müller, Rektor Med Uni Wien, im Gespräch mit Florian Frauscher,  Sektionschef im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.
Markus Müller, Rektor Med Uni Wien, im Gespräch mit Florian Frauscher, Sektionschef im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.(c) Reza Sarkari

Europa im Schatten der USA

„In Österreich machen wir derzeit shallow medicine, in der wir uns kaum Zeit für den einzelnen Patienten nehmen“, sagte Müller. „Das wird sich in Zukunft ändern. Für die Individualmedizin bringt das enorme Fortschritte.“ Aber davon sind wir aufgrund der Regulierungen ohnehin noch weit entfernt. Zumindest in Europa. Forgó brachte einen treffenden „Burger“-Vergleich: Asien und die USA bilden die Außenbrote. Europa liege weich dazwischen – unentschlossen. „Einerseits verwendet zwar fast jeder Dienste, bei denen sämtliche persönliche Daten abgesaugt werden, aber gleichzeitig erlaubt die Mehrheit der Bevölkerung derzeit nicht, ihre Echtzeitdaten für die Forschung, etwa die Pharmaindustrie, freizugeben. „Während die USA und Asien handeln, haben wir bei uns eine ständige Datenschutzdiskussion“, brachte es der IT-Rechtsexperte auf den Punkt. Es gilt den starken Interessenkonflikt aufzulösen.

Sektionschef Frauscher brach hingegen eine Lanze für Österreichs Forschung. „Wir stellen unser Licht gerne unter den Scheffel. In vielen Bereichen passiert in der Forschung in Österreich sehr viel. Man denke an die Quantentechnologie. Da haben wir Top-Forscher in Innsbruck und Wien.“ Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz müsse sich unser Land nicht verstecken. „Herausfordernd wird jedoch, die Forschung auch zu kommerzialisieren und in Produkte und Dienstleistungen umzusetzen.“ Regulierung ist da ein wichtiges Thema. „Echtzeitdaten sind zwar das neue Gold, aber es ist verständlich, dass viele Menschen deren Verwendung auch kritisch sehen.“ Frauscher plädierte für einen „gesunden“ Datenschutz als europäischen Weg, bei dem auf den Schutz persönlicher Daten Wert gelegt wird, ohne Innovation zu behindern. Er räumte jedoch ein, dass das Pendel derzeit eher Richtung Sicherheit ausschlägt und geringer im Sinne der Innovation – hier gebe es noch Potenzial. Zukunftsforscher Jánszky sprach sich klar für weniger Regulierung aus. „In jedem regulierten Rahmen sind wir zu langsam.“ Die logische Konsequenz: Raus aus dem regulierten Bereich. „So machen es die erfolgreichen Unternehmen in den USA und Asien.“

Große Hoffnung setzt die Industrie auf den europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) und hofft, dass mehr Bewegung zugunsten verfügbarer Echtzeitdaten für die Gesundheitsbranche ins Spiel kommt. Forgó holte auf den Boden der Realität zurück: „Es handelt sich um einen Verordnungsentwurf und somit nur um einen Vorschlag, der uns am Ende wahrscheinlich nur einen Bruchteil der erhofften Ergebnisse bringt.“

Umdenken heißt es generell bei der Einstellung zur Gesundheit und zu unserem Gesundheitssystem. Der Rektor der MedUni Wien betonte: „Wir sind heute noch sehr spitalszentriert.“ Mit Echtzeitdaten im System wäre in Zukunft ein „hospital without patient“ möglich. Die Medizin würde stark in Richtung Prävention gehen, die den Patienten in den Mittelpunkt setzt und Symptome erkennt, bevor eine Person krank wird – also grob gesagt, genau so, wie in der Keynote vorhergesagt. „Dazu müssen wir aber die passende Infrastruktur schaffen“, sagte Müller und verwies auf seine Universität, die derzeit gerade einen zukunftsfähigen Campus umsetzt, der auf Bedürfnisse der Patienten der Zukunft zugeschnitten ist. Einig waren sich die Diskutanten in diesem Punkt: Der Wandel erfordert gemeinsames Neu-Denken von Gesundheit und es bedarf einer Vernetzung und Zusammenarbeit aller Stakeholder.

www.roche.at

Information

Die Veranstaltung „125 Jahre Roche – Gemeinsam in die Zukunft der Medizin“ wurde in Kooperation mit Roche in Österreich organisiert.


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