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Die Toten Hosen sind 40: "Die Zeit nagt natürlich auch an uns"

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CAMPINO DAS AKTUELLE SPORTSTUDIO ZDF MAINZ *** CAMPINO THE CURRENT SPORTS STUDIO ZDF MAINZ PUBLICATIONxNOTxINxUSA(c) imago images/Martin Hoffmann
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Von der "gefürchteten Punk-Gruppe" zu einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Bands: Die Toten Hosen sind einen weiten Weg gegangen. Sänger Campino blickt zurück.

Die Zahl klingt eigentlich unglaublich: Vor 40 Jahren wurde die deutsche Punkband Die Toten Hosen gegründet. Neben Rammstein sind sie heute die erfolgreichste deutsche Band. Dieser Erfolg liege in der Bandbreite, meint Toten-Hosen-Sänger Campino im Gespräch mit der APA: Die Toten Hosen waren kritisch, aber nicht nur ernst. "Die Balance ist wichtig", sagt Campino. Was nicht heißt, dass die Band Kompromisse eingeht: "Wir ziehen durch, was unser Bauchgefühl sagt. Dies war einer der ersten Beschlüsse als Band Die Toten Hosen: Wir wollen uns immer so geben, wie wir uns gerade fühlen", so der 59-Jährige. "Wenn uns nach Albernheiten ist, lassen wir das die Leute spüren. Aber wenn es um etwas geht, das uns wichtig ist und wir was zu sagen haben, kommt das auf den Tisch". Die Band sei häufig zwischen den Stühlen gesessen: "Manchmal konnten sich alle auf uns einigen, manchmal niemand, aber das war letztendlich unser Lebensrezept."

Anlässlich des 40. Jubiläums gibt erscheint am 27. Mai eine Werkschau mit dem Titel "Alles aus Liebe - 40 Jahre Die Toten Hosen". Am 2. Juli spielt die Band ein Open-Air-Konzert in der Krieau in Wien. Die Jubiläumstournee soll "keine Nostalgieveranstaltung" werden, kündigt Campino an. "Wir haben genug neue Lieder, um das Set frisch zu halten."

„'Die sind ja netter als wir dachten'"

In einer Konzertkritik vor 30 Jahren wurden Campino und Co. als "gefürchtete Punk-Gruppe" bezeichnet. Heute schmunzelt der Sänger über diese Zuschreibung. Angst hat wohl niemand mehr vor den Toten Hosen. "Wenn du deine Feinde behalten willst, dann versuche nicht, sie kennenzulernen", zitierte Campino dazu Winston Churchill. "Was ich damit sagen will: Die Gesellschaft hat Die Toten Hosen kennengelernt, wir waren dadurch keine Feinde mehr, sondern man hat gesehen: 'Die sind ja netter als wir dachten.' Wir haben dadurch den Mythos des Wahnsinns abgeben müssen, sind deshalb aber auch in all den Jahren in gewissen Punkten eine verlässliche Größe geworden."

Das sei auch "in Ordnung so, denn diese Wut der Anfangstage, auch das Unberechenbare, kannst du nicht konservieren, das kannst du nicht festhalten". Will man länger dabei sein, müsse man anere Wege finden, die Kreativität anzuregen: Etwa ins Konstruktive zu gehen, "oder dass man sich selbst als Kraft begreift, die hin und wieder die Möglichkeit hat, über die Musik hinaus einen Beitrag zu leisten", so Campino. "Insofern fühlen wir uns ganz wohl in der Rolle, die wir heute haben - und wollen das auch nicht zurücktauschen in den Zustand vergangener Jahre, als man noch Angst vor uns hatte."

Lieber den besten Freund als den besten Musiker

Gewisse Grundprinzipien habe man sich über die Jahre erhalten können, betonte Campino. Etwa, dass man nie sich selbst oder Musik für Werbung verkauft habe. Die Toten Hosen waren auch nie nur eine Band, sondern sind Freunde geblieben: "Das ist sicherlich der Grund, warum wir heute immer noch da sind. Nimm lieber den besten Freund als den besten Musiker, das mit der Musik wird sich auf dem Weg schon finden."

Die Doppel-CD bzw. Vier-LP-Box "Alles aus Liebe" enthält 43 Songs, darunter auch sieben neue Tracks wie "Amore Felice" und "Alle sagen das". Man habe sich fest vorgenommen, keine Lückenfüller auf die Platte zu nehmen, sondern die Werkschau wie ein neues Studioalbum zu sehen, so Campino. Die Auswahl habe man nach Schlüsselmomente getroffen: "Wir versuchen, unsere Geschichte in Liedern wiederzugeben."

"Wir bleiben Sieger gegen die Zeit", heißt es in einem neuen Song, dem hymnischen "112". Eine "ganz schön großmaulige Zeile", sagt Campino dazu. "Das gilt vielleicht noch für diese Runde - wie ein Boxer, der am Ende seiner Karriere noch mal rausgeht mit der Überzeugung, heute den Gegner auf den Boden zu schicken. Wie es dann weitergeht, weiß ich noch nicht. Die Zeit nagt natürlich auch an uns. Es gibt niemanden, der das besser weiß, als wir."

(APA/Red.)

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