Finanzierung

Kindergartenmilliarde: "Meilenstein" oder "schäbige Mogelpackung"?

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Bund und Länder einigen sich auf eine neue 15-a-Vereinbarung. Damit kommt die „Kindergartenmilliarde“.

Die Wahl des Orts war bestimmt kein Zufall. Erstens ist es ganz passend, eine Finanzspritze für die Kindergärten bei einer Landeshauptleutekonferenz zu präsentieren, denn es entspricht dem Machtverhältnis in diesem Bereich. Zweitens kann der amtierende Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner (ÖVP), eine Erfolgsnachricht gut gebrauchen.

So reisten nicht nur die Landeshauptleute, sondern auch der Finanzminister, die Familienministerin und der Bildungsminister nach Bregenz. Bis in die Morgenstunden wurde dort noch verhandelt. Am Freitagmittag wurde die Einigung verkündet: „Es war nicht leicht – aber wir sind zu einem Durchbruch gekommen“, sagte Wallner. Es wird eine neue 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Kinderbetreuung geben. Damit wird eine „Kindergartenmilliarde“ ausgeschüttet.

Konkret stellt der Bund den Ländern pro Jahr 200 Millionen Euro zur Abholung zur Verfügung. Fünf Jahre lang. Insgesamt ist das die angesprochene Milliarde. Das ist deutlich mehr Geld als bisher. Durch die Ende August auslaufende 15a-Vereinbarung sind zuletzt 142,5 Millionen Euro jährlich vom Bund in Richtung Länder geflossen. Die Länder sind zur Co-Finanzierung verpflichtet.

„Lassen es nicht schlechtreden“

Bei der Pressekonferenz im Ländle war von einem „guten Tag für die Familien“ und einem „Meilenstein für die Familien- und Frauenpolitik“ die Rede. Man lasse sich die Kindergartenmilliarde „nicht schlechtreden“, sagte Familienministerin Susanne Raab (ÖVP).

Genau das taten aber die Oppositionsparteien. Der Versuch, die „kosmetische Budgeterhöhung“ als Kindergartenmilliarde zu verkaufen, sei „zynisch“, sagte SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler. Denn de facto würden die Zuschüsse des Bunds gegenüber dem Ist-Stand nur um 57,5 Millionen Euro pro Jahr steigen. Insofern sei die „Kindergartenmilliarde“ nicht mehr als „ eine schäbige Mogelpackung“. Ganz ähnlich sehen das die Neos: „Die Frage ist, ob es ausreichend ist – aus unserer Sicht ist es das nicht. Eine Milliarde Euro pro Jahr wäre eine Ansage gewesen“, sagte Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Auch die Arbeiterkammer und der ÖGB stießen sich vor allem am „Rechentrick“.

Von den 200 Millionen Euro pro Jahr, die der Bund lockermacht, fließen 80 Millionen Euro in das letzte verpflichtende Kindergartenjahr. Damit bleiben nur noch 120 Millionen Euro übrig. Sie stehen für den Ausbau eines „geeigneten“ Kinderbetreuungsangebots (51 Prozent), für die Sprachförderung (19 Prozent) und zur flexiblen Verwendung (30 Prozent) zur Verfügung. Die Länder erhalten dadurch deutlich mehr Freiheiten. Bisher konnten sie nämlich nur über zehn Prozent des Gelds frei verfügen.

Keine einheitlichen Vorgaben

Grundsätzlich haben die Länder (und Gemeinden) im Kindergarten das Sagen. Durch die 15a-Vereinbarung versucht der Bund mitzusteuern. Die Ausschüttung des Gelds ist an Ziele gekoppelt. Werden die nicht erfüllt, müssen die Länder die Mittel zurückerstatten.

Eines der Hauptaugenmerke liegt auf dem Ausbau der Kindergartenplätze. Insbesondere für die unter Dreijährigen. In dieser Altersgruppe liegt die Besuchsquote derzeit bei 29,9 Prozent. Das Barcelona-Ziel von 33 Prozent wird also noch immer deutlich verfehlt. Bis 2026/27 soll sich das ändern.

Es soll aber nicht nur mehr, sondern auch bessere Kinderbetreuungsplätze geben. Häufig gibt es zu kurze Öffnungszeiten und zu viele Schließtage. Derzeit besuchen nur 51,8 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen eine Einrichtung, deren Öffnungszeiten sich mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern verbinden lässt. Die Quote soll laut Zielvorgaben des Bunds bis 2026/27 auf 57,8 Prozent steigen.

Konkrete Vorgaben macht der Bund den Ländern auch bei der Sprachförderung. So soll sich der Anteil der Schulanfänger, die nicht gut genug Deutsch sprechen, um dem Unterricht zu folgen, um mindestens zehn Prozent reduzieren.

Doch so konkret manche Auflagen sind, hat der Bund ein großes Ziel verfehlt: Bundesweit einheitliche Mindeststandards etwa bei der Gruppengröße und den Personalschlüsseln gibt es weiterhin keine. Das lehnten die Länder ab. Auch das ist kein Zufall. Es wäre eine Machteinbuße gewesen.

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