Wohnformen

Mit Mut zum Experiment

Wenig Platz, dafür ein eigenes Domizil: das Tiny House. Für die Zukunft des Städtebaus wichtiger sind Wohnungen mit Gemeinschaftsmöglichkeiten.
Wenig Platz, dafür ein eigenes Domizil: das Tiny House. Für die Zukunft des Städtebaus wichtiger sind Wohnungen mit Gemeinschaftsmöglichkeiten.(c) Getty Images (Jeremy Poland)
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Ist der klassische Wohnbau noch gefragt? Einige Alternativen.

In Zeiten, in denen man an allen Ecken und Enden der sozialen Netzwerke appetitliche Bilder von Tiny Houses und sonstigen exotischen Möglichkeiten wie Wohnwagen präsentiert bekommt, stellt sich die Frage, ob klassische Wohnformen etwas aus dem Mainstream rücken. Und wie so oft scheint das Internet eine verzerrte Wahrnehmung zu befördern: „Wohnwagen und Tiny Houses sind Randerscheinungen. Sie sind nicht für jeden und jede tauglich. Wohnwagen sind relativ teuer, klein und höchst individualisiert. Sie wirken eigentlich all den notwendigen Bemühungen eines Miteinanders entgegen“, sagt Architektin Sabine Pollak. Tiny Houses sähen lustig aus, verbrauchten aber wiederum wertvolle Fläche und seien im Grunde etwas kleinere Einfamilienhäuser.

Ergänzung oder Umgestaltung?

Auch Architekt Alfred Willinger sieht diese Wohnformen, die die Zersiedelung fördern, kritisch, „wegen des insgesamt höheren Bodenverbrauchs und auch Energie- und Ressourcenaufwands.“ Er geht aber davon aus, dass ein diverses Angebot an Wohnformen vorteilhaft ist: „Vor allem WG-ähnliche Wohnformen oder auch Cluster-Wohnungen regen an, Gemeinschaft zu leben, und beugen Vereinsamung vor.“ Unter Cluster-Wohnungen versteht man eine Kreuzung zwischen einer WG und einer Kleinwohnung. Jeder Bewohner hat sein eigenes Zimmer inklusive Bad und optionaler Kochnische, der Rest gehört allen. Eine Gestaltung wie diese lässt ein Maximum an gemeinschaftlichem Leben zu und ermöglicht zugleich den Rückzug in die eigene Wohnung.

Es seien neue Wohnformen entstanden, die allerdings zu den klassischen eine Ergänzung bilden und diese nicht ersetzen, sagt die Familiensoziologin Christine Geserick. Die Art des Wohnens habe sich immer verändert: „Bereits um die Jahrhundertwende, im Zuge der Industrialisierung, wurde in Europas rapide wachsenden Städten Wohnraum geteilt – aus ökonomischen Gründen. In Wien gab es die sogenannten Bettgeher, die vom Land stammten, in der Stadt arbeiteten und dort lediglich ein Bett zum Schlafen beim Hauptmieter anmieteten, weil sie sich eine eigene Wohnung nicht leisten konnten.“

Manche Entwicklungen werden zu positiven Trends erklärt, weil sie „eher Erfordernis als Wunschvorstellung sind, und zwar im Zusammenhang mit finanzieller Leistbarkeit“. Dazu zählen beispielsweise Wohngemeinschaften, die aus einem gewissen wirtschaftlichen Zwang heraus gebildet werden, etwa WGs für Flüchtlinge. Andere wiederum finden sich bewusst, weil sie dies als Zusammenleben unter Gleichgesinnten verstehen. „Ein Trend ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Cohousing“, erläutert Geserick. Es verfolge den Gemeinschaftsgedanken, sei aber keine klassische WG, da die Bewohner keinen gemeinsamen Haushalt führten, sondern in einer eigenen Wohneinheit wohnten, der aber um Gemeinschaftseinrichtungen wie gemeinsame Küche, Fitnessstudio und Garten ergänzt werde. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Lebensraum“ in Gänserndorf-Süd, das erste seiner Art in Österreich. Seit 2005 leben 20 Kilometer von Wien entfernt Menschen in 32 Wohneinheiten mit eigenen Gärten und viel Gemeinschaftsfläche.

Eines der aktuellsten Projekte entsteht gerade in Linz. Dort soll bis 2023 das Wohnbauprojekt „Cohousing Holzstraße“ im Stadtteil Kaplanhof vollendet sein. Die zentrale Idee für das geplante fünfgeschoßige Gebäude will modernes, urbanes Leben in individuell gestalteten Wohnungen ermöglichen, gleichzeitig aber auch das Miteinander anstelle des sonst eher üblichen Nebeneinanders in den Mittelpunkt der Hausgemeinschaft stellen.

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