Stadtprojekte

Ökologie auf dem Reißbrett

Platz für 40 Ordinationen: Gesundheitszentrum bei St. Pölten.
Platz für 40 Ordinationen: Gesundheitszentrum bei St. Pölten.(c) Aichberger Architektur
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Bei zahlreichen Bauprojekten in den Bundesländern wird spürbar verstärkt auf Nachhaltigkeit, Autofreiheit und Regionalität geachtet. Zwei ganz unterschiedliche Beispiele aus St. Pölten und Klagenfurt.

In St. Pölten gibt es große Pläne für die Gesundheit, besser gesagt: vor den Toren der Stadt, auf dem Areal der Medlog GesmbH. Hier entsteht durch Aus- und Neubau ein neues Gesundheitszentrum. Auf rund 12.000 Quadratmetern sollen etwa 40 Ordinationen, ein großes Facharztlabor und eine Apotheke Platz finden, zudem soll ein Seminarzentrum angegliedert werden. „Der Bedarf ist in jedem Fall gegeben, das haben wir auch an der Tatsache gemerkt, dass so viele Ärzte daran interessiert sind, hier eine Ordination zu eröffnen“, sagt dazu Bauherr Franz Holler, GF der Medlog GesmbH (Logistik für medizinische und biologische Stoffe). Mangel herrsche in St. Pölten, wie auch in anderen Städten, vor allem an Kinderärzten. „In dem Bereich gibt es kaum noch Kassenärzte“, sagt Holler. Eingerichtet werden soll außerdem eine Akademie zur Ausbildung von Ordinationskräften, auch zwei Operationssäle für kleinere Eingriffe wird es geben.

Autofreies Gelände

Der Neubau wurde von Aichberger Architektur ZT geplant und verwirklicht. „Das Bestandsgebäude bleibt im Wesentlichen, wie es ist, wird nur vergrößert, um Labor und Verwaltung unterzubringen. Für das neue Gebäude gab es natürlich sehr genaue Vorgaben des Bauherren, da es ja ein Bedarfsbau ist und bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss“, erläutert Patrick Edlinger, ausführender Architekt und Projektleiter.

Optisch wird das Gebäude bestimmt durch durchlaufende Fensterbänder, die sich mit hellgrauen Fassadenteilen abwechseln, „die emaillierte Blechfassade zieht sich um das Haus, die Ecken sind abgerundet, um dem Gebäude die Schwere zu nehmen und es von einem reinen Industriebau abzuheben“, erklärt Edlinger. Wichtig war den Architekten, eine Art Hofcharakter zu erzielen mit einer autofreien Oberfläche, viel Grün, mehreren Verbindungswegen und kleinen Höfen mit Sitzgelegenheiten, die Autos werden daher in eine Tiefgarage mit 150 Stellplätzen verbannt. Und ebenso wichtig war es, die höchsten ökologischen Standards zu erfüllen. „Das Haus wird klimaaktiv sein mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach, einer Wärmepumpe, die eine Fußbodenheizung bzw. eine Deckenkühlung betreibt, mit einer adäquaten Dämmung, PVC-frei, und im Innenbereich werden wir viel Holz einsetzen“, sagt der Architekt. Die Fertigstellung ist für Herbst 2023 geplant, zurzeit hat man gerade die Kellerdecke fertig und der Geschoßaufbau beginnt.

Finanziert wird es über die Bank, refinanziert durch die Mieten der Ärzte und der Apotheke. Holler sieht die Zukunft der Gesundheitszentren in dieser Art von Projekten: „Alle Ärzte in einem Haus, der Patient kann problemlos zu einem Spezialisten weitergeschickt werden, wenn es notwendig sein sollte, trotzdem bleibt das Ganze überschaubar.“

Warten auf das Ringquartier

Ganz so weit ist man in Klagenfurt noch nicht. Hier soll ganz in der Nähe des Zentrums ein unbebautes, rund 24.000 Quadratmeter großes Areal in einen neuen lebendigen Stadtteil verwandelt werden: das Ringquartier. Der Bauherr, die Kollitsch und Wohnwelt Bauträger GmbH, hat einen österreichweiten Wettbewerb ausgerufen, den der Klagenfurter Architekt Reinhold Wetschko – überraschend, wie er sagt – für sich entscheiden konnte.

„Unser Konzept beruht im Wesentlichen darauf, die Klagenfurter Innenstadt mit ihren Arkaden und Höfen neu zu interpretieren, die Hofstruktur mit unterschiedlichen Höhenentwicklungen beizubehalten“, sagt Wetschko. Geplant sind sechs Baukörper mit unterschiedlichen Geschoßhöhen, die sich aber an der Höhe der angrenzenden Gebäude orientieren. Die Erdgeschoßzonen sind Shops, Büros, Freizeit und Fitness, Arztpraxen und der Gastronomie vorbehalten, darüber hinaus sind 240 Wohneinheiten geplant, „wobei man auch über betreutes Wohnen und über Coworking-Spaces nachdenkt, aber das alles ist noch in der Planung- und Diskussionsphase. In jedem Fall wird es eine Durchmischung wie in einer gewachsenen Stadt geben“, erläutert der Architekt. Ebenfalls geplant ist eine zweistöckige Tiefgarage, die zum Teil öffentlich zugänglich sein soll, damit der neue Stadtteil an der Oberfläche komplett autofrei gehalten werden kann. „Wir wollen auch mit einem Landschaftsgärtner zusammenarbeiten, allerdings soll das keine vom Grundkonzept getrennte Gestaltung sein, sondern dem Gesamtkonzept entsprechen.“ Neben großzügigen Grünflächen und begrünten Höfen sind auch begrünte Fassaden, grüne Dächer, Fotovoltaik angedacht.

Entstehen soll also ein neuer Stadtteil, in fünf Gehminuten Entfernung vom Zentrum, „der nicht für sich stehen soll und nicht nur eine ideelle, sondern durch die kurzen Wege auch eine tatsächliche Verbindung mit der bestehenden Stadt haben soll“, ist Wetschko wichtig. Bis dahin wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Zurzeit ist man gerade in der Einreichphase der Baupläne, Baubeginn „wird frühestens in einem bis eineinhalb Jahren sein“.

Auf einen Blick

Autofreie Grätzel, nachhaltige Bauweise und Energieversorgung: Was bis vor Kurzem noch als etwas Besonderes galt, wird nun zunehmend zum Must-have – nicht nur der neuen Verordnungen wegen, sondern auch der Käufer bzw. Nutzer. Auch in Sachen Versiegelung gibt es langsam eine neue Aufmerksamkeit. Der ökologische Gedanke ist Alltag geworden – zumindest in den Plänen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2022)

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