French Open

Iga Swiatek und die Evolution des Damentennis

Das derzeit gefragteste Autogramm auf der WTA-Tour kommt von Iga Swiatek.
Das derzeit gefragteste Autogramm auf der WTA-Tour kommt von Iga Swiatek. (c) APA/AFP/TIZIANA FABI
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Die erst 20-jährige Nummer eins gewinnt nicht nur schnell und effizient, mit ihrer Spielweise hebt die scheinbar unschlagbare Polin gerade ihren Sport auf ein ganz neues Level.

Paris/Wien. Unaufhörlich feuerten Generationen von Tennisspielerinnen ihre schnörkellos geraden und immer härter werdenden Vor- und Rückhandbälle von der Grundlinie ab – und schafften es mit diesem Rezept seit den frühen 1990er-Jahren reihenweise zur Nummer eins im Damentennis. Ausnahmen gab es nur wenige, der Ball-Beschuss der Williams-Schwestern, von Davenport, Capriati, Scharapowa, Azarenka, Plíšková und Co. war das Maß aller Dinge.

Doch so sehr wie die erst 20-jährige Iga Swiatek in dieser Saison hat noch keine Nummer eins die Tenniswelt dominiert. Die Art und Weise, in der die scheinbar unschlagbare Polin von Sieg zu Sieg eilt – mittlerweile sind es 28 in Folge –, hat aber nichts mehr mit diesen alten Erfolgsrezepten zu tun. Vielmehr führt sie die Evolution des Damentennis an – und noch kann ihr niemand so recht folgen.

Einen Vorgeschmack hat Swiatek einst in Paris gegeben, wo sie ab Sonntag die haushohe Favoritin auf den French-Open-Titel ist. Mit sieben glasklaren Zweisatzsiegen gewann sie hier 2020 ihr erstes Grand-Slam-Turnier. Zwei Jahre später hat die Dame aus Warschau mit ihren neuen Coach Tomasz Wiktorowski ihr Spiel perfektioniert, sie gewann heuer 93 Prozent ihrer Matches (37:3), 78 Prozent davon klar in zwei Sätzen. Ihre WTA-Finalbilanz ist furchterregend, sie lautet 8:1. Das Rom-Finale 2021 sticht heraus, damals fertigte sie die frühere Nummer eins Karolina Plíšková 6:0, 6:0 ab. „Der Schlüssel ist, nicht darüber nachzudenken und einfach zu spielen“, sagt Swiatek.

Aufgebaut ist ihr Spiel wie das der besten männlichen Profis. Basis ist eine Vorhand mit Topspin-Werten von bis zu 3200 Ballumdrehungen pro Minute, ähnlich einer durchschnittlichen Nadal-Vorhand. Zugleich schlägt Swiatek im Schnitt härter als die meisten Damen, ihre Topgeschwindigkeiten werden nur von wenigen Herren übertroffen. In Summe also ein Schlag, der für die Damen-Konkurrenz völlig ungewohnt und kaum zu kontrollieren ist. Ein Schlag auch, bei dem sie dank ihres Spins viele Winkel, aber kaum Fehler produziert.

Um diese Vorhand einzusetzen, umläuft Swiatek ihre Rückhand öfter, als das auf der Damentour bisher praktiziert wurde. Dazu benötigt sie eine bessere Fitness und bessere Beinarbeit, die 1,76 m große Polin setzt also auch als Athletin neue Maßstäbe. In Paris zählt sie beim Rutschen auf Sand ebenso zu den Besten. Antizipation und Spielwitz beherrscht Swiatek ohnehin, häufig und gezielt setzt sie Stoppbälle und Netzangriffe ein.

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