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Neun Euro monatlich: Billigtickets für deutsche Öffis kommen

DB Logo Deutsche Bahn ICE 4 Zug im Bahnhof Berlin Hauptbahnhof Hbf in Deutschland Berlin, Deutschland - 20. August 2020
DB Logo Deutsche Bahn ICE 4 Zug im Bahnhof Berlin Hauptbahnhof Hbf in Deutschland Berlin, Deutschland - 20. August 2020imago images/Aviation-Stock
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Der deutsche Bundesrat machte den Weg für 9-Euro-Monatstickets im Juni, Juli und August frei. Die Tickets zählen zum Entlastungspaket der Ampel-Koalition wegen der hohen Energiekosten.

Busse und Bahnen in ganz Deutschland werden im Sommer für Millionen Fahrgäste drastisch billiger. Der deutsche Bundesrat machte am Freitag den Weg für 9-Euro-Monatstickets im Juni, Juli und August frei, die überall im Nah- und Regionalverkehr gelten. Damit kann der bundesweite Verkauf bei der Bahn und anderen Anbietern an diesem Montag starten, mancherorts läuft er schon.

Gelten sollen die Tickets, die zu den Entlastungspaketen der Ampel-Koalition wegen der hohen Energiekosten gehören, ab 1. Juni. Sie sollen auch ein großes Schnupperangebot für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sein - parallel zu Steuerentlastungen beim Spritpreis an den Tankstellen.

Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte im Bundesrat, mit dem 9-Euro-Ticket sei der ÖPNV jetzt in aller Munde. "Viele, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln bisher weniger am Hut hatten, wollen dem Nahverkehr in den kommenden drei Monaten eine Chance geben." Für den pünktlichen Start war nun das Ja der Länderkammer nötig. Sie stimmte dem vom Bundestag beschlossenen Finanzierungsgesetz zu. Demnach gibt der Bund unter anderem 2,5 Mrd. Euro als Ausgleich für Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter. Die Länder untermauerten aber ihre dringende Forderung nach generell mehr Bundesgeld für den ÖPNV.

Beliebig viele Fahrten

Die Tickets kosten pauschal 9 Euro pro Kalendermonat - für beliebig viele Fahrten in Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs überall in Deutschland. Nicht genutzt werden können Fernzüge und Fernbusse. Zu kaufen sind die Tickets an Automaten, Schaltern oder online bei den Verkehrsunternehmen. Die Branche plant auch eine gemeinsame Internet-Verkaufsplattform.

Automatische Entlastung bringen die Tickets Millionen deutschen Pendlerinnen und Pendlern mit Abos - denn sie sind viel günstiger als normale Monatskarten. Wer ein Monats - oder Jahresabo hat, soll in den drei Monaten nur mit jeweils 9 Euro belastet werden. Geregelt werden soll das nach Branchenangaben über reduzierten Bankeinzug oder Erstattung der Differenz. Bei Semester- oder Jobtickets soll es ähnlich laufen.

Die Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, die Bremer Senatorin Maike Schaefer (Grüne), sprach von einer "tollen Chance" für den ÖPNV, sich zu präsentieren. Das Ticket sei auch als klimafreundliche Antwort auf den Tankrabatt unbedingt nötig. Das Ringen um generell mehr Geld ist auch nur aufgeschoben. Der Bundesrat warnte in einer Entschließung, die jetzigen Mittel reichten bei weitem nicht, um eine nachhaltige Verbesserung des gesamten Angebots zu sichern. Wissing unterstrich in einer Protokollerklärung, der Bund stehe über die Sonderaktion hinaus zu einer "zukunftsgerichteten Finanzierung" des ÖPNV. Und der Bund will den Ausgleich für des 9-Euro-Ticket nun auch schnellstmöglich überweisen, um die Liquidität der Verkehrsunternehmen zu sichern.

Die praktische Umsetzung vor Ort dürfte ohnehin eine Kraftanstrengung werden, wie gleich mehrere Minister im Bundesrat klar machten. Schleswig-Holsteins Ressortchef Bernd Buchholz (FDP) monierte, dass nun ein "freundliches Ferienticket" daraus geworden sei, das auch noch bundesweit gelte. Dies werde dazu führen, dass es weniger zu einer Entlastung von Pendlern komme, sondern "die Küsten überlaufen werden", etwa im Verkehr zur Ostsee oder zur Nordseeinsel Sylt. Er habe für sein Land schon für einen Millionenbetrag extra Kapazitäten bestellt, "damit wir nicht im Chaos versinken".

„Mammutprojekt"

Wissing hob hervor, dass das "Mammutprojekt" in kurzer Zeit gemeinsam mit den Ländern und der Branche auf die Beine gestellt wurde. Die Hauptarbeit komme nun auf die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe zu. An manchen Tagen und auf manchen Strecken werde es vollere Züge geben. Ein so günstiges Ticket führe zu vielen Nutzerinnen und Nutzern. "Da müssen wir uns vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch mit einem Lächeln begegnen, wenn man mal einen Zug nicht nehmen kann und auf den nächsten wartet." Mit der Aktionszeit im Sommer könnten die Tickets für Ferienreisen genutzt werden. Zudem seien ja auch nicht drei Monate lang Ferien, sagte Wissing mit Blick auf Pendler.

Das Ticket soll nun auch alle entlasten, die nicht Auto fahren. Das sei grundsätzlich ein guter Ansatz, sagte der Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Jens Hilgenberg, der Deutschen Presse-Agentur. Noch wichtiger sei dauerhaft deutlich mehr Geld für bessere Angebote in der Fläche. "Durch das 9-Euro-Ticket fährt erstmal kein zusätzlicher Bus im ländlichen Raum."

Nach dem Ende der Aktionszeit sollen die Ticketpreise zudem wieder auf die normalen Tarife hochgehen. Verbraucherschützer warnten schon, dass dann auch Preiserhöhungen wegen steigender Energiekosten für Busse und Bahnen drohen könnten. Wie groß die Umsteigelust unter Autofahrern ist, muss sich auch noch zeigen. Denn zeitgleich kommt eine Kostenbremse beim Tanken, die der Bundesrat passieren ließ. Ebenfalls von Juni bis Ende August wird die Energiesteuer gesenkt. Wie das Finanzministerium bestätigte, bedeutet das eine Entlastung von 35,2 Cent pro Liter Benzin und von 16,7 Cent pro Liter Diesel.

(APA/dpa)

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